Stuttgart ist wieder mal die Hauptstadt des Protests. Nirgendwo in Deutschland kamen bisher mehr Menschen zusammen, um während der Pandemie zu demonstrieren. Für die Freiheit und Demokratie, die sie meinen. 10.000 sollen es gewesen sein, darunter viele, die wegen Ken Jebsen herbeigeeilt sein dürften. Der Kopf hinter dem Portal "KenFM", hunderttausendfach frequentiert, ist ein neuer Messias einer neuen Bewegung, die zu schreien beginnt, wenn nur der Name Merkel fällt. Zum Beispiel, wenn Jebsen sagt, das "Merkel-Regime" lege große Teile der Grundrechte "willkürlich und dauerhaft auf Eis".
Der Mann wettert gegen die deutsche Beteiligung an Drohnenkriegen, gegen Bankenrettungen, bei denen unser hart verdientes Geld an "skrupellose Zocker durchgereicht" wurde, gegen den Kotau der Regierung vor der Nato bei den Rüstungsausgaben. Alles wichtige Themen. Doch beim Kampf gegen das Große arbeitet Jebsen auch mal mit fehlerhaften Zahlen oder fragwürdigen Darstellungen, die er wohl als kleine Unschärfe betrachten würde.
Da darf man auch bei der Gefolgschaft nicht wählerisch sein. Und sich nicht daran stören, wenn im Publikum auch Faschisten stehen und mehrere Redner aus dem AfD-Umfeld stammen. Oder noch besser – diese Klientel gleich bedienen. Etwa mit Vergleichen zur Nazi-Zeit: "Damals wie heute waren es Ärzte, die die Rassengesetze beschlossen und definierten, was und wer gesund ist."
Der frühere RBB-Moderator redet hinter der Bühne unter einer Decke. Er werde bedroht, lässt er später verlauten. Von was und wem, fragt man sich? Antifa oder Militärischer Abschirmdienst? Gut inszeniert ist es allemal. Als Marketing in eigener Sache, weil es die Angst so trefflich schürt, die Jebsen seinen ZuhörerInnen seit vielen Jahren einimpft. Da scheint einer, der sich nicht der Mehrheitsmeinung anschließt, in tödlicher Gefahr zu schweben. Und macht doch nichts anderes, als eine Opferrolle aufrechtzuerhalten, die Millionen Klicks auf seinem Portal erzeugt, auf dem er unermüdlich behauptet, er werde zensiert und man würde ihm das Wort verbieten.
23 Kommentare verfügbar
Arndt Moser
am 21.05.2020>Auffallend ist nun, wie diskreditierend in etablierten Medien, aber auch von unerwarteter Seite, über diese Aktionen berichtet wird. Und zwar nicht erst als Ergebnis einer "Entwicklung", sondern von Anfang an, geradezu programmatisch.
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