KONTEXT:Wochenzeitung
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Wutbürger Grube

Wutbürger Grube
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Lieber Rüdiger Grube, niemals hätten wir gedacht, dass wir das einmal in unserer Zeitung schreiben. Deshalb ganz langsam und bedächtig: Wir – sind – stolz – auf – Sie! "Ich habe Stuttgart 21 nicht erfunden und hätte es auch nicht gemacht", sollen Sie laut "Spiegel Online" vergangene Woche gesagt haben und wir, wir haben unseren Augen kaum getraut. Noch nie zuvor haben Sie uns Anlass gegeben, mit Ihnen einer Meinung zu sein.

Ihre Kritiker sagen, Sie seien ein netter Typ, aber ein miserabler Manager. Und tatsächlich haben Sie uns in den vergangenen Jahren mit einer Menge Themen versorgt: Sie haben das Unternehmen Deutsche Bahn so nachhaltig heruntergewirtschaftet, dass die Schiene der Autobahn niemals ernsthafte Konkurrenz machen wird. Verdienen Sie eigentlich an der geplanten Privatisierung der Autobahnen? Sie sind das Gesicht von Stuttgart 21 und haben das Projekt als Bahnchef die letzten Jahre immer weiter durchgedrückt, egal was links und rechts passiert ist: Die Gleise im Tiefbahnhof schräg wie eine Rodelbahn, die Brandschutz-Pläne im Grunde ein Fall für Amnesty International und sollte der empfindliche Untergrund unter der Stadt durch die Bauarbeiten aufquellen, wird Stuttgart aus dem Flugzeug bald aussehen wie ein fieser Pickel.

Es ist ein bisschen wie im Song von Klaus Lage: 1000 Mal berührt, Sie wissen schon. Und plötzlich – macht es zoom: Wir haben Stuttgart 21 auch nicht erfunden und wir hätten es auch nicht gemacht.

Wir von Kontext begrüßen Sie herzlich in Ihrem neuen Lebensabschnitt auf der guten Seite der Macht. Wir bieten Ihnen Rückendeckung in schwerer Zeit, in der sich sogar Ihr Arbeitgeber gegen Sie wendet und Ihre mutigen Aussagen als "völlig abwegig" dementiert. In der Ihre Freunde plötzlich zu Ihren Feinden werden. Wie SPD-Fraktionschef Andreas Stoch, der dem SWR sagte, Sie sollen lieber "Bauen und Gosch halten". Hans-Ulrich Rülke, der Vorsitzende der FDP-Fraktion, fragt sich sogar, ob Sie eigentlich überfordert sind und Wolfgang Reinhart von der CDU erinnert an die "rechtsverbindlichen Verträge", die Sie in der Vergangenheit selbst so gerne zitiert haben.

Herr Grube, Sie können einem leidtun. Aber es gibt einen Ausweg: Werden Sie Stuttgart-21-Gegner! Entdecken Sie eine völlig andere Welt! Sie könnten sich als neuer Wahl-Wutbürger weiterhin von Ihresgleichen beleidigen lassen. Sie könnten Star-Redner auf den Montagsdemos werden. Oder Parkschützer – rückwirkend. Sie könnten als Stargast an der alternativen Baustellenführung teilnehmen und einen Blick auf kluge Alternativkonzepte werfen. Wir würden uns auch darum kümmern, dass Sie mal eine ordentliche Grundwassermanagement-Besetzung miterleben dürfen. Wenn Sie Glück haben, kommen Sie dann sogar in den Genuss einer echten Hausdurchsuchung.

Wir von Kontext jedenfalls setzen auf Sie und freuen uns, Sie demnächst als prominenten Kontext-Unterstützer begrüßen zu dürfen. <link http: www.kontextwochenzeitung.de extra die-kontextwochenzeitung unterstuetzen-sie-kontext-jetzt soli-formular.html _blank external-link>Unter diesem Link geht es zum Soli-Formular. Damit wir weiterhin unabhängig und kritisch daüber berichten können, was jetzt aus Ihnen wird.


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10 Kommentare verfügbar

  • Schwabe
    am 03.12.2016
    Antworten
    Demokratie und Rechtsstaat wäre:
    Wenn beim scheitern von S 21, was m.E. immer wahrscheinlicher wird, die Verantwortlichen (nicht nur die in der Öffentlichkeit stehenden Hauptverantwortlichen) , jedoch insbesondere Angela Merkel, Günter Öttinger, Rüdiger Grube, Ronald Pofalla, Winfried Kretschmann,…
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