Die Justiz und ihre Öffentlichkeitsarbeit! War da nicht was vor dem NSU-Prozess in München? Musste der nicht erst mal verschoben werden, weil Medien klagten, die nicht berichten konnten? Und hat man daraus was gelernt? Sieht gar nicht danach aus, jedenfalls nicht in Stuttgart.
Am 24. Juni beginnt vor dem Landgericht Stuttgart der Prozess gegen jene beiden Polizeibeamten, die – mehr als dreieinhalb Jahre nach dem Schwarzen Donnerstag – von der Staatsanwaltschaft als die Verantwortlichen für den Einsatz der Wasserwerfer ausgeguckt wurden, durch den mindestens vier Personen schwer verletzt worden waren. Darunter Dietrich Wagner, dessen Foto, wie er mit blutenden und fast erblindeten Augen von zwei Helfern aus der Gefahrenzone geführt wird, damals um die halbe Welt ging.
Nicht nur, weil Wagner als Nebenkläger an der Verhandlung beteiligt sein wird, ist das Medieninteresse groß. Sondern auch, weil zeitgleich dazu ein (zweiter) Untersuchungsausschuss des Landtags sich mit zumindest ähnlichen Fragestellungen beschäftigt, wie es das Gericht tun wird: wer denn nun wirklich die – politische und polizeiliche – Verantwortung trug?
Und was macht nun das Landgericht Stuttgart? Es <link http: www.landgericht-stuttgart.de pb startseite _blank>veröffentlicht am 8. Mai auf seiner Homepage die Verfügung der Kammervorsitzenden, wonach sich Medien im Zeitraum vom 21. Mai, 10 Uhr, bis zum 23. Mai, 15 Uhr, akkreditieren und damit um einen von insgesamt höchstens 25 Presseplätzen bewerben können. Die Vergabe der Plätze, so die Verfügung, werde nach der Reihenfolge der Anmeldung festgelegt. Überdies: "Eine Akkreditierungsanmeldung vor Beginn oder nach Ende dieses Zeitraums wird nicht berücksichtigt."
Damit ist die Kontext:Wochenzeitung außen vor, weil wir in den 13 Tagen zwischen Veröffentlichung und Beginn des Akkreditierungs-Zeitfensters zufällig nicht auf der Homepage des Landgerichts herumgesurft sind. So langweilig ist es uns zum Glück selten, dass wir auf solche Ideen kämen. Viel mehr hätten wir schon erwartet, dass in einem solchen Fall aktive Öffentlichkeitsarbeit stattfindet, die allermindestens diejenigen Redaktionen rechtzeitig einbindet, die ortsansässig sind und in der Vergangenheit über den Sachverhalt bereits berichtet haben. Auch finden wir, dass in einer mit drei Richtern besetzten, mit einer Geschäftsstellenkraft ausgestatteten und nur für Strafsachen zuständigen Pressestelle auch mal einer ein Telefon in die Hand nehmen könnte.
Dafür finden wir gar nicht, dass das Landgericht, wie uns der Pressesprecher gestern wissen ließ, das Akkreditierungsverfahren "genügend transparent gemacht" hat. Im Gegenteil. Und dass die Pressestelle gestern, vier Tage nach Ablauf der Frist, keine Auskunft darüber geben konnte, wer denn nun zugelassen ist und ob denn überhaupt 25 Akkreditierungsanträge eingegangen sind, spricht ebenfalls Bände.
Wahrscheinlich wird diesmal niemand – obwohl die Chancen nicht schlecht wären – deswegen vors Bundesverfassungsgericht ziehen. Kontext schon gar nicht. Wir kommen schon irgendwie rein in den Gerichtssaal, da brauchen sich unsere Leser gar nicht zu sorgen. Versprochen!
***
13 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 14.02.2017Danke für die Veröffentlichung "kompletter AG-Strafbefehl" vom 24. Jan. 2013.
Bin davon ausgegangen, dass in 2014, wenigstens in 2015, aus dem Kreis der Betroffenen veröffentlicht wird – hier oder anderswo – und daraus ein Dialog entsteht, wie damit umzugehen ist.
Gleich noch…