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Seehofer, Scheuer, Klöckner

Haare raufen!

Seehofer, Scheuer, Klöckner: Haare raufen!
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Warum kann man nicht juristisch vorgehen gegen Minister Seehofer wegen unterlassener Hilfeleistung in den griechischen Flüchtlingslagern? Warum muss Minister Scheuer nicht persönlich für den Schadenersatz wegen Maut aufkommen? Unserem Autor ist manchmal zum ... siehe oben.

Horst Seehofer ist ein logisch denkender und tatkräftiger Mensch, bringt also beste Voraussetzungen für einen Politiker mit. Nur leider werden Logik und auch Verstand heutzutage so unterschiedlich interpretiert wie das Schaffen eines Peter Handke oder die Schönheit eines Arschgeweihs.

Einen Meilenstein gesetzt hat bekanntlich Andreas Scheuer, als er konstatierte, ein generelles Tempolimit sei gegen jeden Menschenverstand gerichtet. Mit anderen Worten: Alle Länder der Welt sind blöd außer Afghanistan, Bhutan, Burundi, Haiti, Mauretanien, Myanmar, Nepal, Nordkorea, Somalia, Vanuatu und der indische Bundesstaat Uttar Pradesh – und Deutschland. Denn alle anderen haben ein Tempolimit. Das Maut-Desaster will er nun mit der Euro-Maut toppen und nach dem vermasselten Bußgeldkatalog geht sogar Söder auf Distanz. Aber über diesen Mann, der Bundesminister wurde, weil er einen Beruf suchte, in dem er viele Fehler machen darf, ohne für einen einzigen einzustehen, hat Sascha Lobo in seiner Kolumne "Dieser Mann ist so unglaublich gut im Schlechtsein" schon alles Wichtige wunderbar formuliert.

Deswegen schnell zurück zum Horst, dem anderen Bayern in Berlin, der auch nahezu wöchentlich Anlass gibt zum Haare Raufen und Verzweifeln. Erst lehnte er eine Studie zum "Racial Profiling" bei der Polizei ab. Sie sei nicht sinnvoll, weil rassistisch motivierte Kontrollen ja sowieso verboten seien. Werden jetzt auch keine Schwarzfahrer mehr kontrolliert? Immerhin hätten die Prügel für Seehofer nicht schlimmer ausfallen können. Von allen Seiten hagelte es Kritik, erfreulicherweise auch von den Betroffenen, die der Minister vorgab zu schützen. Transparenz hätte den Sicherheitskräften gutgetan. Die Studie hätte sicher gezeigt, dass "Racial Profiling" nur in Einzelfällen vorkommt, aber auch geholfen, rechte Netzwerke besser zu bekämpfen. Besonders deutlich kritisierte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler, Seehofers Weigerung. Dessen Argumentation sei "peinlich" und "schrappe am Intellekt".

Vorige Woche machte der gläubige Katholik, der sich auch immer mal wieder in ein Kloster zurückzieht, um den Kopf frei zu bekommen, zu beten und zu schweigen, deutlich, wie er seine auf eigenen Wunsch neu geschaffene Zusatzposition als Heimatminister interpretiert. Er verbot dem Land Berlin, freiwillig bis zu 300 weitere Flüchtlinge aus griechischen Lagern aufzunehmen, zumeist kranke Kinder mit Familienangehörigen. Die Lage in den Lagern ist völlig unhaltbar – da ist man sich einig. Berlin (wie auch weitere Bundesländer und Kommunen) will helfen – aber einer widerspricht. Bundeseinheitlichkeit ist wichtiger, am besten eine europaweite Einigung. So lange können Geflüchtete ja noch weiter dahinvegetieren und nach Möglichkeit versuchen zu überleben.

Kann man da nichts tun? Spontan würde ich vorschlagen, Seehofer besucht eines dieser Lager. Und wenn sich Europa auf eine Quote geeinigt hat, darf er mit allen anderen wieder raus. Na gut, ist ja nur so eine Idee. Warum kann man nicht juristisch gegen ihn vorgehen, wegen unterlassener Hilfeleistung? Und warum muss Herr Scheuer nicht persönlich für den Schadenersatz an die Mautbetreiberfirmen aufkommen, etwa eine halbe Milliarde Euro?

Eine wirksame Möglichkeit abzustrafen gibt es aber auf jeden Fall: nicht wiederwählen! Die Person oder die Partei, die diese Leute aufstellt. In den engeren Favoritenkreis dieser Klientel hat sich auch sehr zügig eine Dame vorgearbeitet, indem sie immer noch jährlich 45 Millionen Küken schreddern lässt. Die die betäubungslose Ferkelkastration und den Kastenstand für Sauen verlängert hat, obwohl ein Gerichtsurteil schon 2015 festgestellt hat, dass das gegen geltendes Recht verstößt. Frau Klöckner allerdings ist auf eine Wiederwahl nicht angewiesen. Sie hat sich schon erfolgreich in der Marketing-Abteilung eines großen Lebensmittelkonzerns beworben. Die zahlen besser als der Bauernverband.


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2 Kommentare verfügbar

  • Harald Seiling
    am 11.08.2020
    Antworten
    Scheuer hat ja noch ein Ding verzapft, was leider durch die Untersuchungen zur PKW-Maut überdeckt wurde: Seine neueste Kreation, die bestehende Sportbootverordnung die er leise, emsig und ungestraft „reformiert“ hat. Diese sogenannte Reform ist in ihrer Auswirkung himmelschreiend…
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