Zurück zur John-Cranko-Schule. Angesprochen auf Alex Ursuliak, in den späten Neunzigern Direktor der Einrichtung, damals von sieben Schülerinnen des sexuellen Missbrauchs beschuldigt und deshalb entlassen, und auf den Filmemacher Walter M., der etwa zur gleichen Zeit Zugang zur John-Cranko- Schule erhielt und ebenfalls des sexuellen Missbrauchs bezichtigt wurde, sagte Hendriks im "Kontext"-Interview, es sei ja zu keiner Anklage gekommen, "weil es keine belastbare Verdachts- oder Beweislage gab. Insofern ist der Blick auf diese Dinge jetzt sehr retrospektiv und spekulativ."
Spekulativ zurückblicken auf die Ereignisse innerhalb der Schule will Hendricks nicht, aber sich schlimme Dinge in der Zukunft vorstellen, das scheint ihm angemessen. Von Jalousien oder blickdichten Folien an den Fenstern der Schule, wie sie etwa manche Schwimmbäder anbringen, hält er nichts. Grundsätzlich gelte: "Wir schließen uns nicht ein." Hendriks schließt nur aus, nur die Bürger der Stadt. Unterstützt von einem grünen Bürgermeister.
Was übrigens diese alten und längst vergessenen Sachen betrifft: der im "Kontext"-Artikel ("Die da draußen sind verdächtig!") erwähnte Fall des Eiskunstlauftrainers Karel Fajfr, der 1995 vom Landgericht Stuttgart Mitte wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen, sexuellem Missbrauch und Körperverletzung zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung und zu einer Geldbuße verurteilt wurde, hat 25 Jahre später eine Fortsetzung gefunden. Im Bundesleistungszentrum für Eiskunstlauf in Oberstdorf, so erklärt der ehemalige Kaderläufer Isaak Droysen laut taz vom 27. August 2019, sei er von Fajfr gedemütigt, erniedrigt und geschlagen worden. Der auch von anderen Läufern beschuldigte Fajfr hat auf Unterlassung geklagt, unter anderem mit dem denkwürdigen Satz, dass in einer öffentlichen Halle "solche Sachen" nicht stattfänden. Das Gericht hat seine Klage abgewiesen.
Ist in Stuttgart alles anders und besser?
"Ausbildungsstätten für Spitzensport sind häufig Brutstätten für Machtmissbrauch", schreibt die ehemalige Ballettschülerin Theresa Luisa Gindelstrasser am 20. September 2019 in der "Zeit", und sie zeigt sich skeptisch, was deren Reformierbarkeit angeht. Sie fragt sich, ob es das im Ballett propagierte Körperbild sei, "das den Boden für missbräuchliche Situationen bereitet". Und sie schreibt weiter: "Wenn ein anorektisch-militärischer Körper fürs Opernpublikum produziert werden soll, dann wird sich das, Reformen hin oder her, als normierende Gewalt in der Ausbildungssituation niederschlagen. Was aussieht wie Drill ist auch meistens Drill, das müssen die Konsumentinnen und Konsumenten wissen. Der Ballettkörper in Tutu und auf Spitzenschuhen, wie er beständig fixiert wird, ist sich selber Feind. Wie war ich stolz auf Blasen an den Füßen und Knurren im Magen. Das ist Disziplin: Feindschaft gegenüber dem eigenen Körper und Feindschaft gegenüber anderen Körpern. Was für ein anerzogener Selbsthass."
7 Kommentare verfügbar
Lowandorder
am 25.02.2020Bin ja noch relativ neu in dem Laden hier & nehme mit Schmunzeln zur Kenntnis.
Daß auch am hillig Rosenmontag moderiert wird; & däh - auch mein letzter Beitrag. But.
Nix gegen ein gepflegtes intellektuelles Niveau. Nur mit Denken ohne Geländer einer Hannah Arendt - vor allem aber…