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Pfeife aus dem Mund, du Hund!

Pfeife aus dem Mund, du Hund!
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Es gibt noch viel zu tun, wenn unsere Kultur rauchfrei werden soll. In der vergangenen Woche hat Kontext-Autor Jürgen Lessat das Qualmen in Film und Fernsehen angeprangert. Kino-Kenner Rupert Koppold hält jetzt dagegen. Warnhinweis: In diesem Text kommen Wörter wie Zigarette, Zigarre und Pfeife vor!

Dieser Kerl kann nicht nur schneller schießen als sein Schatten, er hat auch die Prärie vollgequalmt wie kein anderer. Doch im Jahr 1983 war es damit vorbei: Da hat Lucky Luke das Rauchen aufgegeben und sich statt einer Zigarette einen Strohhalm (hoffentlich ohne Herbizidrückstände!) in den Mundwinkel gesetzt. Beispielhaft!!

Trotzdem bleibt noch viel zu tun, bis die Jugend und letztlich überhaupt wir alle zu hundert Prozent vor dem Anblick falscher Bilder geschützt sind, bis also die komplette Populärkultur zur rauchfreien Zone erklärt werden kann. Der Artikel "Fluppe im Film" in der letzten Kontext-Ausgabe hat die Probleme aufgezeigt, musste am Ende aber konstatieren: "Eingeblendete Schockbilder, analog zu den neuen Warnhinweisen auf Zigarettenschachteln, soll es im Kino und Fernsehen nicht geben."

Es stimmt allerdings auch, dass die Kultur hie und da schon vor Lucky Luke freiwillig das üble Rauchen getadelt hat, etwa im Song vom "Surabaya Johnny" mit der Aufforderung: "Nimm doch die Pfeife aus dem Maul, du Hund!" Wobei dies ein wenig dadurch entwertet wurde, dass der Autor Bertolt Brecht selber immer wieder mal beim Zigarrenpaffen erwischt wurde. Sowieso gingen Max und Moritz im Kampf gegen das Qualmen pädagogisch nachhaltiger vor, sie stopften ihrem Lehrer (sic!) Lämpel die Pfeife heimlich mit Schwarzpulver. "Rums, da geht die Pfeife los / mit Getöse, schrecklich groß", so heißt dann der Text zu einem superguten Rauchen-ist-schlecht-Bild, nämlich zu einer Explosion, nach welcher der in jedem Sinne angeschwärzte Lämpel wohl nicht mehr in der Lage sein dürfte, weiter als kinderverderbendes Vorbild zu fungieren.

Ein gewisses Bemühen, das Rauchen zu stigmatisieren, kann man der Kultur ja nicht absprechen. Wenn sich etwa Tippi Hedren in Hitchcocks "Die Vögel" eine Zigarette ansteckt, dann sammeln sich hinter ihr auf einer Art Gerüst schon ganz viele Unglücksboten in Form von Raben. Inzwischen ist es Kino und Fernsehen annähernd gelungen, das Rauchen nur noch als Zeichen für ein Problem der jeweiligen Figur zu setzen.

Glückliche Raucher sind auf Leinwand und Bildschirm mehr oder weniger verschwunden. In dem TV-Film "Das Dorf des Schweigens" dagegen, der letzte Woche im oben erwähnten Kontext-Artikel oft zitiert wird, ballen sich unglückliche Raucher zusammen, lauter Figuren, die vergeblich versuchen, ihre psychischen Defekte in Qualm aufzulösen. Dennoch fehlen die Warnhinweise: Vorsicht, Rauchen kann zu lemurenhaft langsamen und kreuzlangweiligen Familiendramen führen! Äh, Quatsch, es muss natürlich heißen: Rauchen kann ..., Sie wissen schon.

Trotzdem, eingeschnittene Warnhinweise wären bloß ein fauler Kompromiss. Es hilft letztlich nur eins: Schädliche Verhaltensweisen dürfen überhaupt nicht mehr abgebildet werden! Was ja auch Arbeitsplätze schafft. Man stelle sich diese Heerscharen von Cuttern vor, die auch rückwirkend loslegen, die also Humphrey Bogart, Lauren Bacall, James Dean, Gregory Peck, Alain Delon, Marcello Mastroianni, Jean-Paul Belmondo, Robert Mitchum, Clint Eastwood, Jean Gabin oder Audrey Hepburn ihre Rauchwaren aus dem Mund oder aus den Fingern schneiden. Jawohl, am Ende muss aus Ricks Café ein Nichtraucherlokal geworden sein! Und wie ist es mit der neuen, sich jedoch in alte Zeiten flüchtenden TV-Serie "Mad Men", in welcher hemmungslos Bars, Büros, Wohnungen und Autos vollgepafft werden? Geradezu eine Obszönität in unserer Welt, in welcher sogar der IS ein Anti-Raucherprogramm vorgestellt und die Gefahren dieser unerwünschten Tätigkeit schon mal mit einem abgehackten Kopf demonstriert hat, dem noch eine Zigarette im Mund steckte.

Auch in Deutschland hätten die Cutter natürlich viel zu tun, etwa in den frühen "Tatorten", die von Kommissar Trimmel und Co. unab- und lässig vernebelt wurden, ja, in denen Helmut Käutner 1971 als Medizinprofessor mal eine einhändige Untersuchung an einer Patientin vornahm, weil er in der anderen Hand eine Zigarette halten musste.

Sogar die Karl-May-Filme sind nicht ganz rauchfrei, selbst Old Shatterhand, sonst die Tugend in Person, zieht mal an einer Pfeife. Nun gut, es ist eine Friedenspfeife, aber in einem Feldzug gegen das Rauchen in allen Erzeugnissen der Kultur darf es keine Ausnahmen geben. Lieber weiter Krieg führen, auch das dezimiert letztlich den Bestand der rauchenden Population. Und all dies so lange, bis es in der Kultur überall so zugeht wie im guten Kinderbuch.

Jawohl, so wie im guten Kinderbuch! Wie? Auch da wird durch falsche Vorbilder verdorben, auch da muss durchgegriffen werden?! Tatsächlich, diese ungeniert Pfeife rauchenden Kerle wie Lukas der Lokomotivführer oder Tims Gefährte Kapitän Haddock gehören wohl zur Achse des Bösen und stehen im Sold der Tabakindustrie. Legt ihnen sofort das Hand- und Rauchwerk! Und was ist das? Auweia, jetzt wird's noch krimineller, denn immer noch treibt ein so genannter Klassiker sein Unwesen, in dem sogar ein Kind behaglich Pfeife schmauchend unterm Baum liegt. Es ist der Titelheld, ein Tunichtgut namens Huckleberry Finn, der sich auch über andere Gesetze hinwegsetzt und schwarze Sklaven befreit! Ach, wie viel Übel kommt durch falsche Bilder in die Welt!

Liebe Zensur: Es gibt noch viel zu tun, bis wenigstens in der Fiktion alles so rauchfrei, rein und gesund ist, dass es nur so eine Art hat.

Anmerkung: Der Verfasser dieses Textes ist praktizierender Nichtraucher.


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7 Kommentare verfügbar

  • mowgli
    am 01.04.2016
    Antworten
    Ich fürchte, noch viel schädlicher als Bilder von rauchenden Helden sind Bilder von schießenden, Schwerter schwingenden, Autos crashenden oder ungeschützten Sex habenden HeldInnen. Allerdings: Würde man die alle entfernen aus der öffentlichen Wahrnehmung, bliebe vermutlich nicht viel übrig, worüber…
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