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Teufel nochmal

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Draußen stieg die 256. Montagsdemo gegen Stuttgart 21, drinnen im Marmorsaal verlieh Winfried Kretschmann seinem Vorvorvorgänger den Ehrentitel Professor, "für die geistigen Spuren, die er gelegt hat". Auf mindestens eine hätten Stadt und Land gut und gerne verzichten können. Zum 80sten von Erwin Teufel (CDU) er selbst im O-Ton.

"Der neue unterirdische Durchgangsbahnhof eröffnet eine städtebauliche Jahrhundertchance, denn Stuttgart bekommt eine Verkehrsdrehscheibe der kurzen Wege im Herzen der Stadt, und wir werden alles tun, um das Projekt schnell zu realisieren." April 1994

"Mich hat selten etwas derart überzeugt. (…) Für dieses futuristische Tor zur Welt lohnt jeder Einsatz." Januar 1995, bei der Präsentation der Machbarkeitsstudie, des neuen Namens "Stuttgart 21" und der Kostenprognose von 4,8 Milliarden D-Mark

"Ich kann die Finanzierung erläutern. Die 4,9 Milliarden Mark setzen sich zusammen aus 886 Millionen Mark Bundesmittel, 850 Millionen Mark, die Bund, Land, Region und Kommune für den Nahverkehr zur Verfügung stellen, und einem Baukostenzuschuss von 200 Millionen Mark, den das Land zusätzlich aus Regionalisierungsmitteln leistet. Der mit 2,2 Milliarden Mark größte Teil wird aus dem Verkauf der Grundstücke erwirtschaftet werden, die derzeit die Gleisanlagen beanspruchen. Und den Rest, den bringt die Bahn auf."  November 1995

"Diese Bewertung ist ein Meilenstein, denn das Projekt ist für die wirtschaftliche Entwicklung der Region und des Landes von herausragender Bedeutung. (…) Und es ist, weil Milliarden investiert werden, ein wichtiges Konjunkturprogramm." September 1997, nach dem Abschluss des Raumordnungsverfahrens (die Forderung von BUND und Grünen nach einem vergleichenden Raumordnungsverfahren hatten Landesregierung und Regierungspräsidium abgelehnt)

"Wir liegen im Zeit- und im Finanzierungsrahmen. Der unterirdische Durchgangsbahnhof ist ein Jahrhundertprojekt. (…) Es ist zu erwarten, dass 2008 die ersten Züge fahren." März 1999

"Bei uns entsteht das Leitprojekt für alle vergleichbaren geplanten Bahnhofsumbauten in Deutschland." Mai 1999

"Stuttgart 21 und die Neubaustrecke machen nur als Gesamtprojekt Sinn, weil nur auf diese Weise das Plus im Fernverkehr 65 Prozent, im Nah- und Regionalverkehr von 75 Prozent und die Reisezeitvorteile erzielt werden können. (…) Und über die Bauzeit von 2001 bis 2008 wird allein circa 4200 Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft sichern." Juni 1999

"Die wichtigste Erfahrung eines ehrbaren Kaufmanns ist: Vertrauen verloren, alles verloren. Die Deutsche Bahn AG darf nicht die von ihr initiierten Projekte verlassen, sonst verspielt sie ein in Jahren gewachsenes Vertrauen in Baden-Württemberg mit einem einzigen Schlag. (…) Wir werden kein Flickwerk akzeptieren." Juli 1999, als bekannt wird, dass bei der DB und in der rot-grünen Bundesregierung über die Sinnhaftigkeit von Stuttgart 21 diskutiert wird und eine Arbeitsgruppe die Realisierung in Teilabschnitten prüft 

"Es ist vorstellbar, dass das Land einen Teil des acht Milliarden Mark teuren Gesamtprojekt vorfinanziert, dazu müssen Bund und Bahn aber konkrete Jahreszahlen nennen." August 1999

"Ich verlange ein Bekenntnis der Bahn, dass der Umbau des Hauptbahnhofes und der Bau einer Schnellbahnstrecke Stuttgart-Ulm zusammengehören und nur gemeinsam sinnvoll sind, und ich bin in gar keiner Weise bereit, die Hoffnung aufzugeben, dass beides auch zügig kommt." September 1999

"Unser Angebot der Vorfinanzierung steht." Oktober 1999, als der künftige Bahnchef Hartmut Mehdorn die geplante Schnellbahnstrecke Wendlingen-Ulm als zu teuer bezeichnet und als ökonomisch sinnvoller, im Filstal Neigetechnikzüge einzusetzen

"Wenn die Bahn Finanzierungsprobleme hat, so sind die am besten durch den zeitgleichen Bau der Schnellbahntrasse nach Ulm und des Durchgangsbahnhofs zu vermeiden. (…) Entweder wir nehmen unsere Chance jetzt wahr, oder wir verspielen sie für Generationen." Dezember 1999

"Der Bundeskanzler war sehr aufgeschlossen." Januar 2000, als Teufel in einem Spitzengespräch mit Gerhard Schröder das Vorfinanzierungsangebot des Landes samt einem Verzicht auf allfällige Zinsen erläutert

"Gar nichts muss ich einsehen." März 2000, als Fritz Kuhn im Landtag daran erinnert, wie richtig die Grünen mit vielen Bedenken lagen und an den Ministerpräsident appelliert einzusehen, dass Stuttgart 21 nicht seriös finanzierbar ist

"Wer die Vorhaben immer weiter verzögert, nimmt ihr Scheitern in Kauf – fahrlässig oder ganz bewusst, denn die Zeit läuft davon." Juli 2000

"Wir werden keine weiteren finanziellen Zusagen machen. Eine Erhöhung des Landesanteils ist ganz und gar ausgeschlossen. (…) Auch wir haben eine Schmerzgrenze." Dezember 2000

"Stuttgart 21 ist für uns so wichtig wie die Dampfmaschine für die Industrialisierung." Februar 2001

"Es gibt bis zur Stunde nicht den geringsten Grund, daran zu zweifeln, dass die Kostenschätzung nicht stimmt. Aber sollten sie doch nennenswert steigen, so hat jeder der Vertragspartner das Recht und die Möglichkeit, aus dem Projekt auszusteigen." März 2001, nachdem die Grünen wieder einmal vorgerechnet hatten, dass Stuttgart 21 nicht finanzierbar sein wird

"Stuttgart 21 ist unverzichtbar." September 2003, als die DB neue Sparpläne präsentieren musste

"Natürlich halten wir an Stuttgart 21 fest." Juli 2004, als neuerlich über Kostensteigerungen diskutiert wird und der BUND die Landesregierung auffordert, das Milliardengrab Stuttgart 21 endlich zu beenden

"Jetzt möchte ich mich verstärkt um Stuttgart 21 kümmern. (…) Ich bin sehr optimistisch, dass wir dieses Jahrhundertprojekt schaffen." August 2004

"Es ist nicht sinnvoll, immer neu über die Kosten zu spekulieren. In der Finanzierungsvereinbarung aus dem Jahr 2001 sind für Stuttgart 21 noch 2,6 Milliarden Euro veranschlagt, für die Neubaustrecke 1,5 Milliarden." Oktober 2004

"Die Chancen stehen gut, dass Stuttgart 21 eine EU-Förderung erhält. Und diese EU-Mittel würden dann in die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn einfließen." Januar 2005

"Es ist aber nicht in Ordnung, dass der Bund eine reine Bundesmaßnahme in starkem Umfang von einem Land finanzieren lässt. Das widerspricht der föderalen Ordnung unserer Verfassung und müsste Länder und Kommunen alarmieren. (…) Dem Land ist in der jetzigen Situation und bei der Bedeutung des Projekts letztlich nichts anderes übriggeblieben, als die Bedingungen des Bundes zu akzeptieren." Juli 2007, als Teufels Nachfolger Günther Oettinger einen neuen Finanzierungskompromiss der Projektpartner aushandelte

"Ich habe erlebt, wie Bürger bei anderen Großprojekten gegen den Flächenverbrauch demonstrierten. Oft wurden teure Tunnellösungen gefordert. Jetzt baut man einen Tunnel, muss keine Häuser beseitigen, verbraucht keine freie Fläche - und es ist auch nicht recht." September 2010

"Dass Stuttgart 21 so lange gedauert hat, hängt ja gerade damit zusammen, dass die Beschlüsse bis in die letzte Instanz angefochten worden sind. Wir hätten gerne viel früher gebaut." September 2010

"Kein Bürger steht über dem Recht, keine Regierung und kein Parlament" (…) Ich muss sagen, auch einer, dem Stuttgart 21 nicht passt, darf nicht sagen: Ich stehe über dem Recht, das Parlament und Gericht gesprochen haben." Oktober 2010, auf einer Demo von S-21-Befürwortern

"Wir sind keinen Schritt weiter, deswegen ist es höchste Eisenbahn für Stuttgart 21." Eben dort

"Baden-Württemberg hat am Sonntag gewonnen, und Stuttgart 21 wird zum Symbol des Aufbruchs." November 2011, nach der Volksabstimmung

"Bitte wartet nur wenige Jahre ab, bis es fertig ist. Dann wird niemand mehr dagegen gewesen sein." Juni 2019, zum 25. Jahrestag der Projektverkündung


P.S.: Der Jubilar – er feiert am heutigen Mittwoch 80sten Geburtstag – hat etliche Lieblingssprüche. Der am meisten benutzte heißt, "Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit".


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5 Kommentare verfügbar

  • Dr. Uwe Prutscher
    am 06.09.2019
    Antworten
    ACH ERWIN! Was ist Wirklichkeit - in welchen Kategorien geschieht Betrachtung - wann hört Politik auf?
    Schade, dass Du Dich für S 21 zum ahnungslosen Lautsprecher skrupelloser Souffleure hast aufblasen lassen, Redlicher aus Spaichingen: umschlungen und verschlungen von der Schein-Heiligen Großen…
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