Die Dokumentarfilmerin Carmen Eckardt hat schon einige Themen behandelt, die sie gebeutelt haben. Der Holocaust in der heutigen Ukraine, die Rettung der dänischen Juden vor den Nazis oder <link http: www.arte.tv de ende-des-zweiten-weltkrieges _blank>"Die Nacht von Wildenhagen". Der Film berichtet über Massenselbstmorde in der deutschen Bevölkerung am Ende des Zweiten Weltkriegs. Frauen hatten ihre Kinder und sich selbst kurz vor dem Einmarsch der Roten Armee umgebracht. Aus Angst und Panik, die von der NS-Propaganda geschürt worden waren. "Ein ganz fürchterlicher Film", sagt Eckardt. "Diese Themen haben mich manchmal monatelang extrem belastet." Und sie habe sich gefragt, "warum tue ich mir das an".
Durch Zufall stieß sie dann auf die Geschichte von Viktor Kunz, ihrem Urgroßvater väterlicherseits. Und auf die ihrer Oma Hella Kunz. Beide sind in der Nazizeit gestorben. Über beide wollte die Familie nie sprechen. Es gab nur einige Gerüchte.
Tiefer Riss durch die Familie
Ihr Vater Wolfgang Eckhardt, Jahrgang 1940, sei instabil gewesen, gebrochen und unfähig, stabile Beziehungen aufzubauen. Mehrmals habe er versucht, seinem Leben eine Ende zu machen, berichtet die Tochter, die ihm immer eine Stütze war. Seine Gewaltausbrüche hätten "nichts mit einer alten preußischen pädagogischen Haltung zu tun gehabt; sie waren impulsgesteuert". Das sei damals nicht ungewöhnlich gewesen. "Die Kinder der Kriegskinder haben in den 60er-Jahren viel Gewalt abgekriegt."
Der "rote Wolfgang" habe wenig Rückhalt in der Familie gehabt, in die er eingeheiratet hatte. Wenn er Chuck Berry oder Louis Armstrong hörte, schrie die Großtante: "Wolfgang, mach die Negermusik aus!" Es ging ein Riss durch die Familie; die der Mutter verachtete die Familie des Vaters. Schmerzlich für die Kinder.
Die Geschichte muss raus. Das spürt Carmen Eckardt. "Viele von uns haben blinde Flecken in ihren Familiengeschichten", sagt sie. "Traumata, die unsere Vorfahren erlitten haben und nie verarbeiten konnten, sind ein Stück weit auch die unseren, die der Kinder und Kindeskinder."
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winningindustries
am 19.06.2013