KONTEXT:Wochenzeitung
KONTEXT:Wochenzeitung

Uni-Klinikum Heidelberg

Tarifvertrag erkämpft

Uni-Klinikum Heidelberg: Tarifvertrag erkämpft
|

Datum:

Dafür gab es sogar einen Preis: Die Techniker:innen am Uni-Klinikum Heidelberg haben sich einen Tarifvertrag erkämpft. Lang hat's gedauert, schwer war's, letztlich musste die Geschäftsführung per Streik an den Verhandlungstisch gezwungen werden. Nun gibt's mehr Geld und Sicherheit.

Vor 15 Jahren hatte das Universitätsklinikum Heidelberg seine Technik ausgegründet. Das machen große Unternehmen gerne, um Menschen in tariflose GmbHs zu bringen und auf diese Weise Kosten zu sparen. In Heidelberg galt nur für die Altbeschäftigten der Tarif weiter, wer neu anfing, schaute in die finanzielle Röhre.

Wenn die (immer weniger werdenden) Altbeschäftigten sich im November übers 13. Monatsgehalt freuten, rechneten die Neuen genau, welche Weihnachtsgeschenke sie sich leisten konnten. Die Alten arbeiteten 38,5 Stunden pro Woche, die Neuen 40 – das sind übers Jahr zwei Wochen Freizeit weniger. Doch alle, egal ob langjährig beschäftigt oder neu dazugekommen, sorgen dafür, dass das Krankenhaus überhaupt funktioniert. 

Ausgabe 644, 02.08.2024

Klinik-Techniker streiken

Von Sabine Hebbelmann

Ohne Technik funktioniert kein Krankenhaus, also braucht es Techniker:innen. Am besten fair bezahlte. Das Uni-Klinikum Heidelberg aber hat sie in die Tariflosigkeit outgesourct. Jetzt wehren sie sich.

Beitrag lesen

Diese ungleiche Behandlung ärgerte mit der Zeit immer mehr Mitarbeiter:innen. Zumal sie wussten: Heidelberg war mit dieser Ausgründung einen Sonderweg gegangen, in den anderen Uni-Kliniken des Landes sind die Techniker:innen alle im Tarif. Als die Heidelberger dann 2022 im Gegensatz zu den restlichen Klinikumsmitarbeiter:innen keine Corona-Sonderzahlungen bekamen, hatten sie die Schnauze voll. Sie traten in die Gewerkschaft ein, damit Verdi mit Kraft im Rücken die Geschäftsführung zu Tarifverhandlungen auffordern konnte. Und sie streikten. 

Denn zunächst weigerte sich der Klinikumsvorstand, mit Verdi zu verhandeln. Also erhöhten die Technikleute den Druck: mehr Warnstreiks, Solidaritätsaktionen mit Klinikbeschäftigten, Stadträt:innen wurden zu Kundgebungen eingeladen, Betriebsräte fuhren zur Wissenschaftsministerin nach Stuttgart, und im August 2023 ging es in die Urabstimmung für einen unbefristeten Streik. 

Das wirkte. Mitte September 2023 erklärte die Pressestelle des Uni-Klinikums, dass Vertreter:innen des Vorstands sich mit Verdi an den Verhandlungstisch setzt. Dort saß damals Irene Gölz für Verdi. "Als endlich die Geschäftsführung am Tisch saß, ging es sehr konstruktiv zu", sagt sie. Und nun ist der Tarifvertrag für die KTG fertig. Ab 1. Januar 2025 tritt er in Kraft. Gölz: "Dann bekommen Mitarbeitende zum Teil 300 Euro mehr im Monat, die jährlichen Sonderzahlung, also Weihnachts- und Urlaubsgeld beträgt 75 Prozent." Im Klinikum sind das 88 Prozent. Gölz: "Das war halt der Kompromiss." 

Gelungen sei das alles nur, "weil die Leute aufgestanden sind und nicht locker gelassen haben", unterstreicht Gölz. "Das ist eine ermutigende Erfolgsgeschichte." Und der Betriebsrat der KTG erhielt im vergangenen Spätjahr den Mitbestimmungspreis des DGB Baden-Württemberg, überreicht von Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). Stolz nahmen die Betriebsräte den Preis in Stuttgart entgegen.

Wir brauchen Sie!

Kontext steht seit 2011 für kritischen und vor allem unabhängigen Journalismus – damit sind wir eines der ältesten werbefreien und gemeinnützigen Non-Profit-Medien in Deutschland. Unsere Redaktion lebt maßgeblich von Spenden und freiwilliger finanzieller Unterstützung unserer Community. Wir wollen keine Paywall oder sonst ein Modell der bezahlten Mitgliedschaft, stattdessen gibt es jeden Mittwoch eine neue Ausgabe unserer Zeitung frei im Netz zu lesen. Weil wir unabhängigen Journalismus für ein wichtiges demokratisches Gut halten, das allen Menschen gleichermaßen zugänglich sein sollte – auch denen, die nur wenig Geld zur Verfügung haben. Eine solidarische Finanzierung unserer Arbeit ermöglichen derzeit 2.500 Spender:innen, die uns regelmäßig unterstützen. Wir laden Sie herzlich ein, dazuzugehören! Schon mit 10 Euro im Monat sind Sie dabei. Gerne können Sie auch einmalig spenden.


Gefällt Ihnen dieser Artikel?
Unterstützen Sie KONTEXT!
KONTEXT unterstützen!

Verbreiten Sie unseren Artikel
Artikel drucken


0 Kommentare verfügbar

Schreiben Sie den ersten Kommentar!

Kommentare anzeigen  

Neuen Kommentar schreiben

KONTEXT per E-Mail

Durch diese Anmeldung erhalten Sie regelmäßig immer Mittwoch morgens unsere neueste Ausgabe unkompliziert per E-Mail.

Letzte Kommentare:






Die KONTEXT:Wochenzeitung lebt vor allem von den kleinen und großen Spenden ihrer Leserinnen und Leser.
Unterstützen Sie KONTEXT jetzt!