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Krankenhaus in Herrenberg

Kleine Schritte voran – große zurück

Krankenhaus in Herrenberg: Kleine Schritte voran – große zurück
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Im Herbst 2023 schlug der Protest gegen die geplante Schließung der Herrenberger Geburtsklinik hohe Wellen. Mehr als ein Jahr später haben sich die Bürger:innen mit dem Unvermeidlichen abgefunden.

"Mit mehr als 1.000 Geburten pro Jahr genießt unsere Geburtenklinik einen exzellenten Ruf, der weit über das Gäu hinausreicht", sagt Nico Reith, seit Februar parteiloser Oberbürgermeister Herrenbergs. "Es ist für unsere Stadt immer noch schmerzhaft, dass die Geburtsklinik im Herrenberger Krankenhaus nicht erhalten bleibt. Wir müssen leider akzeptieren, dass die demokratischen Beschlüsse hierzu gefallen sind." Ein Trostpflaster, zumindest für manche Frauen in der Stadt: Der Umzug der Klinik nach Nagold wird voraussichtlich erst Anfang 2026 stattfinden. "Umso stärker", so Reith, "kämpfen wir nun dafür, dass wir keine weiteren Nachteile bei der Gesundheitsversorgung erfahren werden, wie aktuell in der Notfallpraxis vorgesehen." 

Ausgabe 651, 20.09.2023

Ein Leuchtturm wird plattgemacht

Von Thomas Morawitzky

Das Herrenberger Krankenhaus mit seiner vorbildlichen Geburtsklinik soll auf ein Viertel seiner Größe eingedampft werden. Bürger:innen, Kommune und Hebammen protestieren.

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Der Hintergrund: Im Oktober des Jahres gab die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg bekannt, 18 Notfallpraxen im Land aufgrund von Personalmangel zu schließen. Nun richten sich Proteste der Herrenberger Verwaltung gegen diese Pläne, Bürgermeister aller umliegenden Gemeinden haben sich angeschlossen. Die Umgestaltung des Herrenberger Krankenhauses zu einem "integrierten, intersektoralen Gesundheitszentrum" indes wird vom Klinikverband Südwest betrieben. Simone Müller-Roth, Sprecherin der Kreisgruppe Böblingen im Hebammenverband Baden-Württemberg, spricht von mehreren Sitzungen, an denen Hebammen, Vertreter:innen des Klinikverbandes und des Landkreises teilnahmen: "Wir haben darauf hingewiesen, wie wichtig das Angebot in Herrenberg ist", sagt Müller-Roth. "Aber es wird sich absehbar nicht halten lassen." 

Immerhin: Dass am Flugfeldklinikum Böblingen ein hebammengeführter Kreißsaal entstehen soll, ist nun vertraglich abgesichert und stellt für Müller-Roth einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung dar. Die Zertifizierung des Hebammenkreißsaals ist mit einigem Aufwand verbunden und muss im Abstand von drei Jahren erneuert werden. "Böblingen", so Müller-Roth, "macht sich ein bisschen auf den Weg, auch was die Zusammenarbeit mit der Frauenmilchbank Winnenden angeht, von der Frühgeborene Muttermilchspenden erhalten können. Darüber sind wir froh." 

In Herrenberg, so die Mitteilung des Landkreises, soll indes eine ambulante Hebammenpraxis etabliert werden. Doch auch in anderen Bereichen der Gesundheitsversorgung soll dort abgebaut werden – das liest sich so: "Hier kann die klassische ambulante Versorgung im Sinne eines Gesundheitszentrums abgedeckt werden und andererseits eine Erweiterung um die Infrastruktur für ambulantes Operieren erfolgen." Die vielen Fragen zum Verfahren an sich, die 2023 noch gestellt wurden, nach Transparenz und Effizienz, blieben unbeantwortet, sind verstummt. 

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