Als sich die Gesundheitsminister der Länder vorige Woche digital zur Konferenz trafen, gingen Pflegekräfte auf die Straße. Bundesweit hatte die Gewerkschaft Verdi aufgerufen, sich vor den Landesgesundheitsministerien zu treffen, um für ein besseres Gesetz für Personalbemessungen in der Pflege zu demonstrieren. In Stuttgart versammelten sich um die 50 Frauen und Männer, vor allem BetriebsrätInnen aus Krankenhäusern. Auch der baden-württembergische Gesundheitsminister Lucha kam vorbei, um den Demonstrierenden zu erklären, dass er an ihrer Seite stehe und schon ganz viel gemacht habe. Das kam eher so mittel an. Hat sich doch in der Pandemie noch klarer gezeigt, dass es zu wenig Personal gibt – und bislang sehen die Frauen und Männer in der Pflege hierbei keine Verbesserungen.
In Baden-Württemberg beschäftigt den Gesundheitsminister vor allem die Pflegekammer. Die will Lucha unbedingt. Der Sinn einer solchen Kammer, in der alle Pflegefachkräfte Zwangsmitglieder sind, ist umstritten und ihre Akzeptanz unter potenziellen Mitgliedern hält sich in Grenzen. In anderen Bundesländern wurden solche Projekte bereits gestartet – mit überschaubarem Erfolg. In Schleswig-Holstein wird die Kammer nach knapp sechs Jahren gerade wieder aufgelöst, weil eine Abstimmung unter den Mitgliedern ein klares Nein ergeben hat. Ebenso in Niedersachsen, wo die Pflegekammer nach nur fünf Jahren wieder abgeschafft wird. Aktuell läuft sie nur in Rheinland-Pfalz, seit 2014, und in NRW wird die Gründung vorbereitet. In den restlichen Bundesländern liegen die Pläne für Pflegekammern größtenteils auf Eis beziehungsweise sind bereits komplett begraben worden.
Manfred Lucha lässt sich davon nicht irritieren. Er treibt die Pflegekammer Baden-Württemberg nun wieder voran, nachdem er das Vorhaben im vergangenen September zurückgezogen hatte. Wohl auch wegen wachsender Widerstände – sowohl von DGB und Verdi, als auch von Pflege-Arbeitgeberverbänden und aus der eigenen Koalition. Offiziell aber wegen Corona. Die Pflegenden hätten anderes zu tun, als sich mit der Pflegekammer zu beschäftigen, hieß es damals in einer Pressemitteilung. Man verschiebe das Vorhaben.
5 Kommentare verfügbar
Richard olf
am 29.06.2021Gleich mal einen Warnstreik organisieren wäre viel wichtiger. Sonst passiert…