Mit einem einfachen Trick können Immobilienbesitzer in Deutschland den Wert ihres Eigentums steigern, ohne selbst dafür zu zahlen. Dabei hört es nicht damit auf, dass der neue Balkon fremdfinanziert wird oder jemand anderes für die energiesparende Heizanlage aufkommen darf, die den alten Ölschlucker im Keller ersetzt. Nein, die auf diesem Wege Begünstigten können jetzt auch noch mehr Miete verlangen, und das unbefristet. Es grenzt an Magie: Sie verdienen daran, dass andere für sie bezahlen.
Modernisierungsumlage heißt das Zauberwort, das die Moneten, Abrakadabra, aus den Taschen der Mietbevölkerung verschwinden lässt, bis sie, Simsalabim, auf dem Konto eines Hausbesitzers wieder auftauchen. Dieser spektakuläre Vorgang mag unglaublich erscheinen, doch dahinter steckt keineswegs Hexerei, sondern, noch gruseliger, das Gesetz. Wie der Hütchenspieler einen Lockvogel braucht, um das Publikum zu lumpen, funktioniert auch der Modernisierungstrick nicht ohne Komplizen. In diesem Fall waren es die Bundesregierungen seit 1974.
Das Prinzip funktioniert so: Damit Immobilieneigner ihren Wohnungsbestand nicht über Gebühr verlottern lassen, wollte die Gesetzgebung einen Anreiz schaffen, Gebäude zu pflegen und in eine moderne Ausstattung zu investieren. Um eine Modernisierung geltend machen zu können, muss es sich um Maßnahmen handeln, die über eine Bestand wahrende Sanierungen hinausgehen. Etwa eine Solaranlage auf dem Dach, die auch dem Klima gut tut. Wie üblich in der Politik, galt es bei der Ausgestaltung der Rechtslage die Interessen verschiedener Gruppen auszutarieren, namentlich der Mieter und Vermieter. Und, wie üblich in der Politik, hatten die Interessen der Gruppe mit mehr Vermögen Vorrang. Ungewöhnlich ist am konkreten Fallbeispiel nicht, dass eine einseitige Bevorzugung der Menschen mit Eigentum vorliegt – sondern allenfalls wie einseitig selbige ausfällt.
The winner takes it all
Mieter könnten, so wird es gerne in Medienberichten kolportiert, an den Kosten für eine Modernisierung "beteiligt" werden, und das klingt irgendwo fair: Als Gesellschaft leisten alle ihren Beitrag, dass Wohnungen zeitgemäß und ökologisch vertretbar bleiben, außerdem profitieren die Mieter ja auch davon, wenn das Haus nun einen schicken neuen Fahrstuhl hat (auch wenn sie nicht mitreden dürfen, ob sie einen schicken neuen Fahrstuhl/Balkon/etc. wollen). Faktisch werden die Mieter aber nicht an den Kosten für die Modernisierung "beteiligt", sie zahlen diese komplett. Denn acht Prozent der Gesamtausgaben dürfen auf die Jahresmiete aufgeschlagen werden – was bedeutet, dass die Investition nach 12,5 Jahren zu 100 Prozent von den Mietenden abbezahlt ist, die Miete aber dauerhaft teurer bleibt. Ein gesetzlich festgeschriebener Umverteilungsmechanismus, der Geld zuverlässig von arm nach reich transferiert.
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Andreas Schneider
am 08.09.2020