Knapp fünf Monate nach dem Erdrutsch konnte Ende Mai der havarierte Absetzer geborgen werden. Das 350 Tonnen schwere Gerät zur Abraum-Verkippung war bei dem Erdrutsch in Schieflage geraten und teilweise verschüttet worden. Um weitere Rutschungen zu verhindern, muss nun die betroffene Kippe stabilisiert werden. Das notwendige Material dazu ist jedoch nur zum Teil vor Ort verfügbar, sondern wird auch aus Stuttgart angeliefert: Etwa ein Jahr lang sollen insgesamt 450 000 Tonnen Abraum aus den Tunneln des Bahnprojekts Stuttgart 21 in die Grube in Sachsen-Anhalt verfachtet werden. Im Frühjahr 2015 will das Unternehmen die Braunkohleförderung wieder aufnehmen.
Über das Landesamt für Geologie und Bergbau Sachsen-Anhalt war das Unternehmen auf den Abraum aus dem Schwabenland aufmerksam geworden, für den die Bauherrin Bahn per Ausschreibung Abnehmer suchte. Neben den Transportkosten entschied über den Zuschlag auch der Tonnenpreis, den die Bahn an den Abnehmer zahlen muss. Wie hoch dieser ist, will das Unternehmen nicht verraten. "Wir verdienen daran", bestätigt Romonta-Betriebsleiter Jürgen Biermann nur. Vereinbart wurde ein täglicher Transportzug mit 20 Waggons von Stuttgart nach Amsdorf, der insgesamt 40 Wechselcontainer fasst. Diese transportieren Lastkraftwagen über die letzten Kilometer von der werkseigenen Bahnverladestation in die Grube. Den Inhalt verbauen abschließend Planierraupen an der Kippenböschung.
Abraum vom Bahnprojekt sichert Autowachsproduktion
Seit dem Jahr 1922 wird in Amsdorf aus Braunkohle Rohmontanwachs produziert. Das Material ist Ausgangsstoff für zahlreiche Industrieprodukte. Mit einer Jahresmenge von rund 15 000 Tonnen Montanwachs ist Romonta Weltmarktführer. Der Großteil des Amsdorfer Rohprodukts wird zu Autowachsen verarbeitet. Das Unternehmen benötigt täglich rund 1500 Tonnen Braunkohle für die Produktion und das eigene Kraftwerk. Nach dem Erdrutsch im Tagebau Amsdorf musste ein Teil der 400 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden. Die notwendige Kohle für die Amsdorfer Montanwachsfabrik wird seitdem per Lastwagen aus dem Tagebau Schleenhain in Sachsen angeliefert.
"Wir sind seit Anfang August aufnahmebereit und warten auf den ersten Zug", erwähnt Biermann, dass die Bahn ihren Lieferverpflichtungen bislang nicht nachkommt. Gründe dafür wurden dem Unternehmen bislang nicht mitgeteilt. "Wahrscheinlich fehlt es am Material in Stuttgart", vermutet der Betriebsleiter, dass der Baufortschritt in Stuttgart stockt. Ende Juli hatte das Kommunikationsbüro von Stuttgart 21 noch vermeldet, dass mittlerweile der 50. Baulogistikzug von der zentralen Logistikfläche am Stuttgarter Nordbahnhof abgefahren ist. Damit sind seit Beginn der Schienentransporte Anfang Juni inzwischen 50 000 Tonnen Erde und Gestein aus Tunnelbauwerken von Stuttgart 21 über die Schiene abtransportiert worden.
Der Schienentransport startete zunächst mit einem Zug täglich, im Juli ist ein weiterer hinzugekommen. Jeder Güterzug kann mit bis zu 1000 Tonnen Abraum beladen werden. Das entspricht rund 40 Lkw. Pro Arbeitstag fallen laut Kommunikationsbüro zwischen 5000 und 10 000 Tonnen Aushub an. In Spitzenzeiten sollen es bis zu 15 000 Tonnen sein. Bis zu 13 Abraumzüge werden dann täglich über die zentrale Logistikfläche abfahren.
Abgenommen wird das Material von 40 Entsorgungsanlagen. Die größten Abnehmer sind derzeit in Baden-Württemberg die Steinbrüche in Wilhelmsglück beim hohenlohischen Michelbach und in Lauffen-Deißlingen, sowie in Thüringen und Sachsen-Anhalt die Gruben in Sollstedt, Kohnstein und Amsdorf.
Beim Bau von Stuttgart 21 fallen rund 20 Millionen Tonnen Abraum an, davon acht Millionen Tonnen im zentralen Logistikbereich Mitte, die über die Schiene abtransportiert werden. In den dezentralen Logistikbereichen Filder und Neckar mit zusammen rund 12 Millionen Tonnen Abraum entsorgen die beauftragten Bauunternehmen auf Lkw direkt. Der Massenanfall auf der Neubaustrecke Wendlingen nach Ulm beträgt ebenfalls rund 20 Millionen Tonnen und erfolgt ebenfalls per Brummikolonnen der Bauunternehmen.
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Stephan Becker
am 30.11.2014