Vor zwei Jahrzehnten hat es mit einem Problem angefangen: 2002 wollte der damalige Oberbürgermeister Stefan Schultes seine Idee eines Kultur- und Kongresszentrums durchdrücken. Für ein soziokulturelles Zentrum sollte hingegen kein Geld da gewesen sein. In der Bevölkerung sorgte das für Protest: Ein Bürgerentscheid sagte nein, und bei der nächsten OB-Wahl wurde Schultes abgewählt.
Seitdem gibt es in Reutlingen einen Runden Tisch Kultur. Die Fraktion WiR (Wir in Reutlingen) zog 2004 mit elf Prozent der Stimmen und vier Kandidaten – heute drei – in den Gemeinderat ein und gründete einen Verein. Zwei Jahre später entstand unter Schultes' Nachfolgerin Barbara Bosch eine städtische Kulturkonzeption. Wichtigste Punkte: das Zentrum franz.K, die Stadthalle – gleich anschließend im nächsten Bürgerentscheid mit großer Mehrheit angenommen – und ein Neubau für das Theater Die Tonne, der 2018 seine Pforten öffnete.
Die Konzeption hat sich bewährt: 2019 wurde sie fortgeschrieben. Auf dem Plan stehen keine großen Bauvorhaben. Vielmehr handelt es sich um eine umfassende Bestandsaufnahme. "Die Kultur ist einer der Orte, an dem die Frage nach den grundlegenden Werten gestellt wird", heißt es da, und: "Alle Bevölkerungsgruppen, gleich welcher Herkunft, welchen Alters, Geschlechts und welcher körperlicher oder mentaler Kompetenzen, sollen Anteil am kulturellen Leben haben."
Darum bemühen sich viele Einrichtungen, Initiativen und Vereine, die hier gar nicht alle gewürdigt werden können. Ob Kino oder Theater, moderne Kunst, ein Philharmonieorchester, Rock und Jazz, Jugendkultur, das interkulturelle Festival "inter:Komm!", das Medienkunsfestival "Sonic Visions" und das einzigartige inklusive Festival "Kultur vom Rande" – wer an Kultur interessiert ist, wird in Reutlingen auf allen Gebieten fündig, und fast immer auf hohem Niveau. Da lohnt es sich, genauer hinzuschauen.
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