Um kurz nach elf an einem Freitag ist Gärtringen bei Böblingen um ein paar Hundert Quadratmeter gewachsen. Gemeinderat Matthias Bock steht in einer Baustelle neben noch feuchten weißen Fahrbahnmarkierungen. Kreisverkehrssanierung der K 1077, Riesenprojekt, 12 000 umgeleitete Autos täglich fahren seit Wochen Kurven durch die örtliche S-Bahn-Station. In einer Wiese steckt eine graue Hülse, da soll neuerdings das Ortschild rein. 30 Jahre lang stand es 500 Meter weiter links. "Das ist eine wichtige Entscheidung", sagt der Hauptamtsleiter. "Da muss schon der Chef drübergucken." Bock guckt und sagt: "Sieht doch gut aus."
Matthias Bock ist ein zackiger Typ Marke "Macher". 56 Jahre alt, Hemd und mattschwarzes Sakko zu Jeans, mit der Dynamik von einem, der liebt, was er tut, und schnellen Schritten, weil jede Minute, ja jede Sekunde mittlerweile kostbar ist. Von Beruf ist er Physiotherapeut, von Herzen ist er Gärtringer.
Gärtringen liegt im Westen von Baden-Württemberg, am Rand von Schönbuch und Schwarzwald, zwischen Nufringen, Ehningen und A 81. 2021 Hektar, rund 12 000 Einwohner, 1500 davon und eine Sprudelfabrik gehören zum Teilort Rohrau auf der anderen Seite der Autobahn. Wahlbeteiligung zur Bundestagswahl: 80 Prozent, bei der Kommunalwahl 2014 waren es immerhin 55 Prozent, das ist so schlecht nicht.
25 Euro im Monat für eine Menge Verantwortung
Regiert wird die Gemeinde von Freien Wählern und der CDU, eigentlich schon immer. Der "Chef" war 15 Jahre lang der parteilose Bürgermeister Michael Weinstein. Im Sommer wurde der langjährige Schultes plötzlich schwer krank und verließ Knall auf Fall sein Rathaus. Bis zur Bürgermeisterwahl im kommenden Jahr hat dessen Stellvertreter Matthias Bock seinen Platz eingenommen, verheiratet, zweifacher Vater, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler und seit Kurzem im Kreistag. Seitdem Bock den eigentlich hauptamtlichen Bürgermeisterjob auch noch ehrenamtlich nebenher macht, hat er zwei Terminkalender – einen fürs Geschäft und einen für die Politik.
In Stuttgart wurde in den vergangenen Wochen heiß diskutiert, ob die Gemeinderäte der Landeshauptstadt ihre Aufwandsentschädigung für das Ehrenamt auf 1500 Euro erhöhen dürfen. Auf dem "Land" bekommen Gemeinderäte 25 Euro monatlich für ihr Engagement. "Das muss man schon mit Leidenschaft machen", sagt Bock.
Seit mehr als 20 Jahren ist er Kommunalpolitiker, ein "Zweiundzwanzigstel des Gemeinderats". Sein Vater saß in den Siebzigern schon dort für die CDU. "Ich habe früh mitbekommen, dass man da was gestalten kann", sagt Bock. Grün geprägt sei er damals gewesen. "Atomkraft, nein danke und so", sagt er. Kurz darauf hat er mit einigen anderen Söhnen von CDU-Räten dann doch die Ortsgruppe der Jungen Union im nahe gelegenen Herrenberg gegründet, Parteibindung qua Familientradition.
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Harald Tanski
am 28.11.2014