Beim Geld hört oft die Freundschaft auf. Und die politische Redlichkeit dazu, wie sich aktuell wieder einmal an der nie enden wollenden Debatte um den Länderfinanzausgleich zeigt. Den Ist-Zustand haben ausschließlich CDU-Regierungschefs mit zu verantworten: Lothar Späth drohte damit, alle Zahlungen einstellen, ohne grundlegende Veränderungen durchzusetzen; Erwin Teufel bejubelte ein Verhandlungsergebnis mit den Nehmerländern, das sich sehr schnell als noch teurer fürs Land entpuppte; an den bis heute geltenden Regelungen bissen sich in der Folge Günther Oettinger in der Föderalismusreform und Kurzzeit-Regierungschef Stefan Mappus die Zähne aus.
Natürlich wissen Wolf und Strobl um diese Hinterlassenschaften. Was sie aber nicht hindert, mit der Botschaft durchs Land zu ziehen, der traditionell prosperierende Südwesten sponsere unaufhörlich weniger emsige Nord- und Ostlichter. Das kommt prima an bei vielen, nicht nur an den Stimmtischen. Also kritisieren die beiden Schwarzen unentwegt, dass Grün-Rot nicht zusammen mit Hessen und Bayern klagt gegen die Zahlungen.
Deutlich seltener reden die beiden Anwärter auf die CDU-Spitzenkandidatur darüber, wie sie die Aufgabe schultern würden, als zehnter Ministerpräsident Baden-Württemberg in die in jeder Rede versprochene bessere Zukunft zu führen. Aber an Einlassungen wie jenen zum Länderfinanzausgleich, die der Komplexität des Sachverhalts überhaupt nicht gerecht werden wollen, zeigt sich, wohin die Reise nach 2016 gehen könnte: Ellenbogen raus und durch. "Ein MP muss auch mal für sein Land Beute machen", sagt Strobl dieser Tage. Er verlangt schon mal ein Ende der Solidarität mit den Nehmerländern und "klare Kante", er zieht gegen Kretschmanns "präsidial-philosophischen Stil" auf der Suche nach Konsens zu Felde.
Der Landtagspräsident haut noch lauter auf die Pauke
Der Landtagspräsident, in diesem Amt zum Ausgleich verpflichtet, haut als parteiinterner Wahlkämpfer noch lauter auf die Pauke: Wer die Verhandlungen zum Finanzausgleich so angehe, "muss einen Zwillingsbruder haben: Denn so blöd kann einer alleine nicht sein". Äußerungen von Oppositionspolitikern, die in früheren Jahren zu einem Sturm der Entrüstung in der CDU geführt hätten. Zumal ausgeblendet wird, dass sogar die Kanzlerin die Strategie des Grünen lobt, dass Verhandlungen zwischen Bund und Ländern mit dem Einverständnis aller Ministerpräsidenten verabredet sind – die in Bayern und Hessen inklusive – und dass bei beiden Nachbarn Forderungen laut werden, die Klage beim Bundesverfassungsgericht doch jetzt offiziell ruhen zu lassen.
Die frühe Zuspitzung des Zweikampfs um die Spitzenkandidatur, der Baden-Württemberg bis Ende November überziehen wird, überrascht selbst professionelle Beobachter. Der Tübinger Politikwissenschaftler Hans-Georg Wehling empfiehlt Wolf mehr Zurückhaltung im verständlichen Streben nach einem höheren Bekanntheitsgrad. Andere fühlen sich erinnert an den Mitgliederentscheid vor zehn Jahren. Damals zogen Günther Oettinger und Annette Schavan ebenfalls als ziemlich beste Feinde durchs Land. Ersterer ließ seine Umgebung mit harten Bandagen kämpfen, die im öffentlichen Vorwurf eines bekannten Stuttgarter CDUlers gipfelten, die Parteifreundin und Wunsch-Nachfolgerin von Teufel sei lesbisch.
Oettinger gewann, scheiterte als Regierungschef genauso wie an der Herkulesaufgabe, den gespaltenen Landesverband wieder zu einen. Diesmal werde der Mitgliederentscheid sicher einfacher über die Bühne gehen, meinte die neue Botschafterin am Heiligen Stuhl kürzlich bei ihrer Verabschiedung in Berlin, es stehe ja keine Frau zu Wahl.
Strobl verläuft sich im Gelände der Schulstrukturen
Sie könnte sich ziemlich täuschen. Wehling nennt die Verbalinjurie Wolfs an die Adresse des Ministerpräsidenten "grenzwertig". Unter landespolitischen Stallwächtern werden die neue Dünnhäutigkeit, die fehlende Souveränität des Präsidenten diskutiert, und die Tatsache, dass ihn immer öfter zu allem Überfluss sein Redetalent verlässt, wie jüngst beim Städtetag vor vielen Dutzenden Multiplikatoren. Demtsprechend machen mitten in der Sommerpause sich in der CDU-Fraktion erste Zweifel breit, ob der ehemalige Tuttlinger Landrat wirklich die richtige Wahl war.
Eine Mehrheit der Abgeordneten hatte dem eigenen Fraktionschef Peter Hauk, der ebenfalls so gern Regierungschef geworden wäre, die Gefolgschaft verweigert – gerade mit dem Argument, der Präsident könne eher punkten bei der Wählerschaft. Und zwar genau mit jenen Eigenschaften, die dem Amtsinhaber seit dem Frühjahr 2011 regelmäßig zu seinen ungewöhnlich hohen Persönlichkeitswerten weit über das Lager der eigenen Partei hinaus verhelfen. "Und jetzt holzt er plötzlich", staunt einer der Neuen, die Wolf in der vergangenen Legislaturperiode noch nicht als Fraktionskollegen kennengelernt hatten.
Zwischen 2006 und 2011 trat der zwar nicht oft ans Rednerpult im Landtag, hatte aber gelegentlich durchaus Programmatisches zu bieten. Zum Beispiel das Versprechen, mit der CDU werde es einen gesetzlichen Mindestlohn nicht geben – die Geschichte oder richtiger: Angela Merkel hat ihn überholt. Oder als er verbindliche Vorgaben zur Beseitigung des eklatanten Männerüberhangs in den Parlamenten im Land als "antidemokratisch" rüffelte. Die CDU setze darauf, dass "der Wähler mündig ist und dafür sorgt, dass die Richtigen in unseren Gremien vertreten sind". Die Geschichte hat ihn in diesem Punkt noch nicht überholt, auch weil er als Präsident jede Gelegenheit verstreichen ließ, für eine Wahlrechtsreform zu werben. Weiterhin ist Baden-Württemberg bundesweit Schlusslicht in Sachen Frauenanteil in Gemeinderäten, Kreistagen und Landtag.
4 Kommentare verfügbar
Also iie finds scho schlemm
am 22.08.2014