Nach Kontext-Informationen hat das Land im Streit um den Zugkilometerpreis inzwischen ein Schiedsgericht angerufen. Ob und wie der Südwesten eine Kompensation erhält, ist allerdings noch völlig offen. "Dieses außerordentlich komplexe Verfahren läuft derzeit und wird umfassend juristisch geprüft. Zu Details können wir uns derzeit nicht äußern", so Sprecher Neumann.
Konkreter wird das grün geführte Verkehrsministerium, wie es für mehr Wettbewerb im Schienennahverkehr sorgen will. 2016 werden 39 Millionen Zugkilometer frei, sie müssen europaweit ausgeschrieben werden. Aber nicht als ganzes Paket, sondern einzeln und gestaffelt in mehreren Nahverkehrsnetzen. Nur so lassen sich neben dem bisherigen Platzhirsch DB Regio auch Privatbahnen mit kleineren Kapazitäten als potenzielle Mitbewerber finden. "Eine freihändige Komplettvergabe, wie sie die Vorgängerregierung gemacht hat, wäre nach heutigem EU-Recht gar nicht mehr möglich", betont Ministeriumssprecher Neumann. Das Vorhaben gilt als komplexe Herkulesaufgabe, die von der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) allein nicht zu meistern ist. Zumal die Vorgängerregierung keine Ausschreibungen vorbereitete. "Deshalb musste externe Beratungsleistung eingekauft werden", erläutert Neumann. Die Schwierigkeiten lassen sich bei den Stuttgarter Netzen erahnen, die als erste zur Ausschreibung kommen sollen. Unsicherheiten ergeben sich etwa durch den Bau von Stuttgart 21. Andererseits gelten die Regionalexpress-Linien von und nach Stuttgart als Wachstumslinien mit Fahrgastzuwächsen, was bei Vergabe und Angeboten zu berücksichtigen ist.
Dass externe Berater keine "Lahmlegung" der NVBW bedeutet, müsste auch Nicole Razavi wissen. Denn von 1995 bis zu ihrem Wechsel ins Vorzimmer von Staatssekretär Mappus arbeitete sie bei dem landeseigenen Dienstleister. Kolportiert wird, dass Razavi bis heute über gute Kontakte in die Gesellschaft verfügt und von dort mit dienstlichen Interna versorgt wird. Als sprudelnde Quelle gilt Razavis Nachfolgerin als Leiterin der Presse- und Marketingabteilung. "Es geht nur darum, Hermann zu diskreditieren", vermutet ein Insider als Zweck der aktuellen Filzvorwürfe. Denn die Arbeit der KCW-Experten macht sich offenbar bereits bezahlt. "Gegenüber der Nahverkehrsplanung der Vorgängerregierung konnten wir ein jährliches Defizit von 130 Millionen Euro einsparen", betont Ministeriumssprecher Neumann. Auch die Fahrgäste sollen vom Wettbewerb profitieren: mit WLAN in den Waggons, barrierefreien und komfortablen Neufahrzeugen und Bahnhöfen sowie noch pünktlicheren und zuverlässigeren Zugverbindungen.
Verkehrsexpertin mit Wadenbeißer-Instinkt
Für Schlagzeilen sorgte die kompromisslose S-21-Befürworterin Razavi in ihrer politischen Karriere immer wieder. Schon mit 32 griff die staatlich geprüfte Schilehrerin nach dem CDU-Kreisvorsitz in Göppingen, unterstützt vom langjährigen Landtagsabgeordneten Hermann Seimetz, der die Kritik seiner Parteifreunde an Jugend und Geschlecht austrat. Als "selbstbewusst und dynamisch" wurde sie schon damals beschrieben. 2006 zieht sie in der Nachfolge Seimetz' auch ins Landesparlament ein. Da hatte sie sich schon den Ruf erworben, für Stefan Mappus die unangenehmen Dinge zu erledigen, etwa einen Brandbrief an Beschäftigte im Umwelt- und Verkehrsministerium.
16 Kommentare verfügbar
Wer viel zu befürchten hat
am 26.06.2014