Es muss schon eine Topadresse sein. Dem Mann, der Ehre, der Sache angemessen. Also wählte Hermann Eicher die Bonner Großkanzlei Redeker Sellner Dahs aus, in deren Mandantschaft sich klangvolle Namen finden: Helmut Kohl, Christian Wulff, Annette Schavan, Hans-Georg Maaßen, Rainer Maria Woelki. Die Sozietät wird auch von Bundesbehörden geschätzt, die ihre Akten ungern offenlegen. Sie gilt als teuer und effizient.
Persönlich vertreten wird Eicher von Gernot Lehr, dem Sohn der früheren Familienministerin Ursula Lehr. Der versierte Medienrechtler hat schon Bundespräsident Johannes Rau, Präsidentengattin Bettina Wulff sowie Papst Benedikt XVI gegen die "Titanic" zur Seite gestanden. In Fachkreisen wird er zur Liga der Promi-Anwälte Christian Schertz und Peter Raue gezählt.
Lehr hat auch die Abmahnungen unterschrieben, mit denen er gegen den Kontext-Podcast "Siller fragt: Karl Geibel" vom 7. Juli 2021 vorgeht. Durch unzutreffende Tatsachenbehauptungen sieht er die Persönlichkeitsrechte seines Mandanten verletzt, also Anlass genug, bestimmte Aussagen in dem Podcast verbieten zu wollen. Als Streitwert sind 12.000 Euro aufgerufen. Die Adressaten sind Kontext, Journalist Stefan Siller und SWR-Rundfunkrat Karl Geibel.
Siller und Geibel hatten darüber gesprochen, wie der SWR mit dem Vorwurf der sexuellen Belästigung umgeht, den die Redakteurin Sandra Dujmovic gegenüber einem (inzwischen ausgeschiedenen) Direktor erhebt. Sie selbst äußert sich zur Sache nicht, sie befindet sich in einem laufenden Gerichtsverfahren mit dem SWR.
In dem Podcast wird auch die Rolle Eichers erörtert. Im Kern wird gesagt, er kenne die konkreten Tatvorwürfe, und er habe versucht, die Auseinandersetzungen mit der Mitarbeiterin gütlich zu lösen. Diverse Äußerungen von Siller und Geibel will Eicher vom Landgericht Hamburg, das für solche Anliegen ein offenes Ohr hat, per einstweiliger Verfügung verbieten lassen. Unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von höchstens 250.000 Euro oder Ordnungshaft von höchstens zwei Jahren, im Falle des Zuwiderhandelns.
Eicher wollte doch zum Latzfonser Kreuz wandern
Warum solche Kanonen? Eigentlich ist Eicher ein ganz umgänglicher Typ, gilt als Gemütsmensch. Nach seiner Amtszeit wollte er zum Latzfonser Kreuz wandern, einem der höchstgelegenen Wallfahrtsorte Europas. Warum jetzt?
Solche Personen, vornehmlich Männer, bezeichnet man gerne als Urgestein, als nicht wegzudenkende Figur in einer Partei, Firma oder Rundfunkanstalt. Ohne sie? Undenkbar. Hermann Eicher, Jahrgang 1955, ist so eine. Der erste Juristische Direktor hat in seinem Berufsleben vier Intendanten erlebt – Willibald Hilf (CDU), Peter Voß (CDU), Peter Boudgoust (CDU) und Kai Gniffke (SPD) – und gilt als Vater des neuen Rundfunkbeitrags.
2 Kommentare verfügbar
Philippe Ressing
am 29.07.2021