Die Deutsche Bahn wäre nicht die Deutsche Bahn, wenn ihre Klimaanlage am bis dahin heißesten Tag des Jahres funktionieren würde. Also schwitzt ein ganzer Waggon vor sich hin – nur wenige Meter entfernt von der exklusiven Oase namens 1. Klasse, die, dank intakter Klimatisierung, wohltemperiert ist wie eine Bach-Komposition. Bald schon eskaliert in dieser aufgeheizten Gemengelage ein Streit zwischen Passagier und Bahnpersonal: "Ich bezahle für die Scheiße hier!", krakeelt ein aufgebrachter Fahrgast und behauptet, 40 lange Jahre als Dienstleister malocht zu haben. "Der Kunde ist König, verdammt! ICH BIN IHR KÖNIG!!", pflaumt er den armen Schaffner an, der seinerseits grummelt, also herumschubsen lassen, das wolle er sich auch nicht.
Mittendrin in dem Schnellkochtopf für die weniger Gutbetuchten: unsere dreiköpfige Kontext-Delegation, die partout nicht fliegen wollte. Also geht’s für den sechsfachen Preis (what the fuck, Verkehrspolitik?) um 5:02 Uhr in aller Frühe los am Stuttgarter Hauptbahnhof, auf nach Berlin. Dort wurde am vergangenen Mittwochabend der Theodor-Wolff-Preis verliehen, die altehrwürdige Auszeichnung der Journalisten-Szene, das Vorprogramm begann schon am Mittag. Nominiert war auch Kontext-Redakteurin Anna Hunger, mit ihrem Artikel "'Sieg Heil' mit Smiley", der den Nachrichtenverkehr eines Rechtsextremisten und Neonazis öffentlich machte und die Strukturen beleuchtete, die es möglich machen, dass dieser stramme Faschist im Landtag von Baden-Württemberg Arbeit bei AfD-Abgeordneten findet.
1 Kommentar verfügbar
Rudi Schönfeld
am 04.07.2019ich lese mit großem Interesse
Ihre Geschichten in "Kontext" und hätte Ihnen die Auszeichnung für Ihren Text über den Neonazi sehr gegönnt.
Herzliche Grüße
Rudi Schönfeld