Richtig berühmte Alumni hat die Filmakademie nicht zu bieten. Eine ganze Reihe erfolgreicher Abgänger aber schon – alles Männer. Bestenfalls ein Drittel der AbgängerInnen hat einigermaßen gut bezahlte Jobs in der Entertainment-Industrie gefunden, die das Alltags-Sendefutter für die zahlreichen privaten und/oder öffentlich-rechtlichen Fernsehstationen herstellen: Serien, Dokusoaps, Dailys, Scripted Reality und andere Leckerbissen fürs Auge. Die zweite, wohl noch größere Gruppe beteiligt sich an den zahlreichen ambitionierten, aber meist wenig erfolgreichen Projekten, die hierzulande Jahr für Jahr mit viel Engagement und überwiegend aus Steuermitteln produziert werden. Oder hält sich gar eher schlecht als recht im armen, im Selbstausbeutungssektor der Filmwelt über Wasser, Gagen für die Mitarbeit bei solchen Low- bis No-Budget Projekten werden "auf Rückstellung" vereinbart, Geld gibt es also nur, wenn der Film genügend einbringt – das tut er aber fast nie.
Einziger Lohn bleibt die Nennung im Abspann, deshalb werden die Schlusstitel selbst bei Kurzfilmen inzwischen so lang wie früher bei einem Hollywood-Schinken. Da zeigt sich halt die Kehrseite des "Was mit Medien"-Booms: mehr als 1700 fertige Filmleute haben allein die Ludwigsburger Akademie verlassen, Tausende sind es in ganz Deutschland. Dabei schrumpft die Kernbranche Spielfilm schon länger. Die 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts gelten – wie in anderen Medien auch – als die letzte große, goldene Zeit. So ist der eindrucksvolle Studiokomplex der Filmakademie auch zu einer Art Hollywood der Erben geworden, der eher wenigen echten Erben, die nicht für Geld arbeiten müssen, und der vielen Erben der Wohlstandsgesellschaft, denen Geld wenig, sich selbst zu verwirklichen aber viel bedeutet.
Inzwischen hat auch in der Filmwelt das digitale Nirwana Einzug gehalten: Smartphone-Display statt großer Leinwand, Visits statt echter Zuschauer, Likes statt rauschendem Beifall. Ganz verschwinden wird der klassische Film so schnell freilich nicht, die Oper gibt es schließlich auch immer noch. Und an der Hochschule im schwäbischen Potsdam hat man sich, flexibel wie stets, natürlich schon auf die neuen Zeiten eingestellt. So brauchen wir uns um die Zukunft der Filmakademie, des Leuchtturms von Ludwigsburg, keine Sorgen zu machen.
Wilhelm Reschl ist Filmemacher, war lange Jahre Fernsehredakteur, Leiter beim "Haus des Dokumentarfilms" in Stuttgart und ist ein ausgewiesener Kenner der Film- und Fernsehszene im Land. Seit 2015 ist er Vorsitzender des "Kontext:Vereins für ganzheitlichen Journalismus".
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