Ist aber die Zeitbegrenzung von den Nutzern wirklich gewollt? Der Ausstellungsraum <link http: projektraum-lotte.de _blank>LOTTE etwa, 2012 bewusst an einem neuralgischen Ort, dem Stadtbahnausgang Staatsgalerie gegenüber dem abgeholzten Schlossgarten von Studierenden von vier Hochschulen gegründet, bangt nun nach drei Jahren um eine Verlängerung.
Die Röhre, das Lokal in der nie vollendeten Tunnelröhre, wo gut zwanzig Jahre lang Rockkonzerte stattfanden, ist dagegen ein direktes Opfer des Projekts Stuttgart 21, ebenso der Landespavillon, seit 1996 ein Ort der Subkultur, und der Kult-Club Rocker 33 in der alten Bahndirektion.
Was heißt überhaupt Subkultur? Mit dieser Frage beschäftigt sich nun ein dreijähriges Forschungsvorhaben der Fachhochschule und des Stuttgarter Stadtplanungsamts. What'sUB, so der Titel, ist vom Programm <link http: www.nationale-stadtentwicklungspolitik.de _blank>Nationale Stadtentwicklung als eines von 16 "beispielhaften Projekten für eine innovative Stadtentwicklung" unter 250 Interessenten ausgewählt worden. Das Programm orientiert sich an den Prinzipien der 2007 verabschiedeten Leipzig Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt.
Ausgangspunkt von What'sUB war eine Abschlussarbeit: Marijana Curic hat bei Christina Simon-Philipp über Subkultur in Stuttgart ihre Masterarbeit geschrieben und arbeitet nun im Stadtplanungsamt. In ihrer Arbeit hat sie sich auf drei Bereiche konzentriert: informelle Kunsträume, die Skaterkultur sowie Club-, Bar- und Musikräume. Simon-Philipp leitet nun mit ihrem Kollegen Detlef Kurth das Projekt.
Martin Holch vom Stadtplanungsamt gibt bereitwillig Auskunft. Ziel sei es, nach geeigneten Instrumentarien zu suchen, um eine Verdrängung informeller, provisorischer und subkultureller Nutzungen durch ökonomische Aufwertung zu verhindern. "Keine Ahnung, wie wir dieses Ziel erreichen können", gibt Holch freimütig zu. "Minimalziel" sei, dass solche Nutzungen künftig bei einer Abwägung der Interessen Berücksichtigung finden. Beteiligt sind zahlreiche Partner, vom Stadtjugendring über einige der bereits erwähnten Akteure bis hin zu Gruppen wie der Tanz-Plattform <link http: www.jugendnetz.de utils _blank>Underground Soul Cypher, dem aus dem Kulturdialog hervorgegangenen Think Tank Freie unabhängige Künstler Stuttgarts (<link http: fuksweb.blogspot.de _blank>FUKS) oder dem Graffitiladen Thirdrail.
Skater mit grauen Schläfen
Das Projekt steht noch ganz am Anfang, wie alle Beteiligten betonen. Doch sogleich stellt sich die Frage: Was ist eigentlich Subkultur? Vor 50 Jahren war dies noch leicht zu beantworten: der Gegensatz zu Hochkultur. Heutzutage stürzen sich die Institutionen der Hochkultur geradezu auf die Subkultur: ob unter der Paulinenbrücke eine Oper aufgeführt wird oder wie am vergangenen Wochenende das Kunstmuseum auf dem Kleinen Schlossplatz ein Festival organisiert, auf dem Musiker aller erdenklichen Genres auftreten, die auch als Künstler arbeiten. Ist das Subkultur, wenn ein Künstler Synthiepop vorträgt? Ist Hip-Hop noch Subkultur, wenn er die Hitparaden stürmt?
Es gilt, Kriterien zu entwickeln: Wo ist die Grenze zwischen Kunst, Jugendkultur, Street Art, Underground, Party, Kreativszene? Es gibt Skater mit grauen Schläfen, sagt Martin Holch, und Produzenten hochwertiger Graffiti. Wenn eine Ausstellung mit einer Party eröffnet: Steht die Kunst oder das Vergnügen im Mittelpunkt? Die Geschichte der Radio Bar hat vielleicht auch falsche Erwartungen geweckt. Kultur ist keine sprudelnde Geldquelle. Kultur ist, was den Menschen vom Tier unterscheidet.
2 Kommentare verfügbar
By-the-way
am 04.07.2015"Kultur ist keine sprudelnde Geldquelle. Kultur ist, was den Menschen vom Tier unterscheidet."
Dazu passend hinzufügen möchte ich:
Wirtschaftliche Gier zerstört ALLES!
Und maßlose Gier bereichert nur Wenige, zudem Kulturlose und Wertelose.
Maßlose Gier ist, was das Tier…