Es ist das Jahr 1889. Die New Yorker Malerin Catherine Weldon (Jessica Chastain) ist gerade Witwe geworden. Und wenn sie nun aus einer Kutsche heraus das gerahmte Porträt ihres Mannes in den Fluss wirft, dann ist das für sie ein Abwurf von Ballast, ein Bruch mit der Vergangenheit, eine Befreiung von jenen Zwängen, denen sie als Ehefrau ausgesetzt war. Raus aus dem bürgerlichen Ehe-Joch, auf in den Westen! Catherine hat es sich in den Kopf gesetzt, den Sioux-Häuptling Sitting Bull zu malen. Sie setzt sich in den Zug und als sie eines Morgens die Jalousie ihres luxuriösen Pullman-Abteils öffnet, sieht sie einen großen Himmel über unermesslich weitem Land. So wie damals Liz Taylor als Reisende aus dem Osten, die sich in George Stevens' Epos "Giganten" (1956), in einen Großrancher verliebt.
Aber das war's für Catherine dann auch mit der Willkommenskultur im Wilden Westen. Im Speisewagen wird sie feindselig ausgefragt vom rüpelhaften Colonel Groves (Sam Rockwell), bei der Ankunft wird sie bespuckt von einem Indianerhasser, und auf einem kleinen Holzpodest, das als Bahnsteig dient, sitzt sie mit ihrem großen Koffer dann alleine und unabgeholt da. So geht sie schließlich los in ihrem langen und hochgeschlossenen Kleid, schleift ihr Gepäck durch den Staub, beginnt unter ihren Löckchen zu schwitzen. Ein Reiter taucht auf am Horizont. Sie will ihm wortreich ihre Lage erklären, versucht so etwas wie Small Talk. Er ist ein Anhänger von No Talk und bleibt stumm. Schließlich kommt sie doch an im Reservat, wo der Regierungsbeauftragte (Ciaran Hinds) sie sofort zurückschicken will.
Frauenpower am Lagerfeuer in der Prärie
Ja, der Wilde Westen! It's a Man's World! Und im Western, jenem US-Kinogenre, das auch die Rolle der Frau in dieser Welt absteckt, waren weibliche Wesen lange Zeit entweder noch gar nicht da oder zu beschützende Anhängsel des erobernden Mannes. Ein bisschen zivilisierend tätig sein durften sie, also Kaffee machen oder Blockhütte putzen, und wenn's ganz gut lief, auch mal Kinder unterrichten. Den so genannten Bechdel Test aber – benannt nach der Comic-Zeichnerin Alison Bechdel, die ihn entworfen hat –, würde kaum einer der klassischen Western bestehen. Es geht dabei nämlich um die Frage, ob im getesteten Film mindestens zwei Frauen vorkommen, die miteinander reden – und zwar nicht nur über Männer.
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