Der Bär! Diese Urgewalt, die in Alejandro González Iñárritus Film "The Revenant" einbricht! Diese wahnwitzige Sequenz vom Kampf zwischen Mensch und Tier, die den Zuschauer atemlos in den Sitz drückt!
Man könnte, man sollte, man müsste diesen Text vielleicht anders beginnen, etwa mit einführenden Worten zum Film, der auf einer wahren Geschichte basiert und um das Jahr 1820 herum im Nordwesten Amerikas spielt. Oder mit dessen ersten Bildern, in denen Indianer einen Trupp von Pelzjägern überfallen. Großartig inszenierte Szenen, gewiss, und doch bereiten sie einen nur ungenügend vor auf das, was nun kommen wird. Der Trapper und Scout Hugh Glass (Leonardo DiCaprio), der die dezimierte Gruppe durch die Wildnis führen und dabei die Verfolger abschütteln soll, steht allein im Wald, späht einen Pfad aus, hört Geräusche, sieht kleine Bären aus dem Unterholz hervortollen und erkennt zu spät, dass er zwischen die Jungen und das Muttertier geraten ist.
Den heißen Atem des Bären mitten im Gesicht
Angriff! Der Grizzly stürmt heran, und bevor Glass schießen kann, ist das riesige Tier auch schon über ihm, schüttelt ihn durch wie eine Lumpenpuppe, schmeißt ihn wieder auf den Boden, haut ihm seine Tatzen in den Rücken, probiert die Krallen an seinem Kopf aus. Dies alles fünf Minuten lang und ungeschnitten. Und genauso weit entfernt von den alten Kinozeiten, in denen ein Mensch ins Tierfell gesteckt wurde, wie von den neueren, in denen computeranimierte Kunstwesen wie die Orks herumwüten. Dieser rasende Bär, man möchte es beim Sehen beschwören, ist echt, ja, er ist so echt, dass sein heißer Atem die Linse der Kamera beschlagen lässt. Aber das ist dann doch ein irritierender Moment, der einerseits stolz auf die Authentizität des Gezeigten verweist und gleichzeitig deutlich macht, dass dies alles für das Kino choreografiert wurde. Mit welcher Technik? Mit welchen Tricks? Letztlich auch: mit wie vielen künstlich generierten Bildern? Das möchte der Kameramann Emmanuel Lubezki freilich nicht verraten.
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