Im Fall des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) stellt sich eigentlich überhaupt keine Frage. Es gibt ein Verwaltungsabkommen zwischen Stadt, Land und Auswärtigem Amt, das die Finanzierung regelt. Nur in Anbetracht der schlechten Haushaltslage der Stadt hat das ifa 1993 akzeptiert, die städtischen Beiträge zu halbieren. Dabei ist es geblieben: "Nichts ist so stabil wie ein Provisorium", spöttelt Generalsekretär Ronald Grätz. Er hat allerdings schon im vergangenen Jahr bei Kuhn Vorsprache gehalten, um ihm zu bedeuten, dass es so nicht länger weitergehen kann. "Wir waren uns beide einig, dass wir dieses Problem lösen müssen", sagt Grätz, der sich "sehr überrascht" zeigt, dass im Entwurf des Oberbürgermeisters nun statt der 429 000 Euro Erhöhung, die dem ifa zustehen würden, nur 100 000 Euro stehen.
Grätz macht klar, dass das so nicht geht: Das ifa ist eine Institution und die einzige in Stuttgart, die deutsche Kultur in die Welt hinausträgt und im Gegenzug die Kulturen der Welt auch in Stuttgart vorstellt. Es gibt die Kunstausstellungen der ifa-Galerie, die Stuttgarter Schlossgespräche, und er möchte noch eine weitere Vortragsreihe ins Leben rufen, die Themen nach Stuttgart bringt, wie sie weltweit derzeit stark diskutiert werden: beispielsweise eine starke Zunahme von Zensur, immer begründet durch Sicherheit.
Kultur kontra Gewalt
Im Institut am Charlottenplatz gibt es einen neuen Vortragssaal, Weltraum genannt, mit einer simultanen Übersetzungsanlage, der demnächst eingeweiht werden soll. Grätz möchte dort Sachbücher vorstellen, etwa zur Frage, was eine europäische Kultur sein könnte. Und das ifa feiert 2017 sein 100-jähriges Bestehen. Auf die Frage, ob im Zuge der Flüchtlingskrise mehr Sprachkurse gefordert seien, gibt er einschränkend zu bedenken, dass das ifa bisher vorwiegend qualifizierte Kurse anbiete, etwa für syrische Ärzte.
Aber das eigentliche Arbeitsgebiet des Instituts seien die Konfliktursachen, merkt Grätz an und verweist auf das Programm zivile Konfliktbearbeitung (zivik). "Wir müssen aktiver werden", betont er und: "Wir brauchen schließlich diese Mittel." Angesichts der wachsenden Zahl von Konflikten, der Hauptursache für Flucht und Vertreibung, gelangen international arbeitende Kulturinstitutionen wie das ifa zunehmend zu der Erkenntnis, dass allein Kultur eine Alternative zu gewaltsamen Auseinandersetzungen bieten kann.
Grätz erinnert an ein Buch, das er mit herausgegeben hat und das kürzlich in der Berliner Akademie der Künste vorgestellt wurde. Der Titel: "Menschenrechte und Kultur – das Menschenrecht auf Kultur." Wenn Kultur ein Menschenrecht ist, darf an ihr nicht gespart werden – schon allein um des lieben Friedens willen. Ohnehin lässt sich mit Kultur nicht viel sparen, liegt ihr Anteil an den öffentlichen Haushalten doch immer nur in einer Größenordnung von einem Prozent.
2 Kommentare verfügbar
Peter Jakobeit
am 14.10.2015das nenne ich mal gut recherchiert und zu Ende gedacht. Vielen Dank für die klaren aber undogmatischen Sätze. Dabei ist eine Sache noch gar nicht erwähnt: Die Zukunft der Freien Tanz- und Theaterszene der Stadt. Alle, wirklich alle (OB, Dr. Eisenmann, Schneider-Bönninger,…