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Tod von Ante P.

Milde Strafen für die Polizei

Tod von Ante P.: Milde Strafen für die Polizei
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Nach einem Polizeieinsatz am Mannheimer Marktplatz starb Ante P. mit Blut in der Lunge. Es folgten eine Anklage gegen zwei Polizisten, darauf ein Freispruch und ein mildes Urteil. Nach der Revision dürfte die Strafe sogar noch milder ausfallen.

Anfang 2024 wurde am Landgericht Mannheim der Tod von Ante P. am 2. Mai 2022 verhandelt. Angeklagt waren zwei Polizisten der Innenstadtwache Mannheim unter anderem wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt mit Todesfolge. Dass überhaupt eine Anklage erfolgte, war außergewöhnlich, denn beim Verdacht auf unrechtmäßige Polizeigewalt kommt das in Deutschland nur bei zwei Prozent der Fälle vor.

Der Todestag von Ante P. am 2. Mai 2022 war in Mannheim frühlingshaft sonnig. Der Vorfall fand direkt zwei Meter neben einem vollbesetzten Straßencafé am Mannheimer Marktplatz statt. Die Polizei vernahm nach dem Einsatz etwa 70 Zeug:innen und sichtete 120 Videoaufnahmen. Der Tod von Ante P. war Stadtgespräch und führte zur Gründung der Initiative 2. Mai, die sich seitdem der Aufklärung der Tat und dem Gedenken an Ante P. widmet.

Ausgabe 701, 04.09.2024

Die beleidigte Institution

Von Fides Schopp

Nach zwei tödlichen Polizeieinsätzen und den jeweiligen Gerichtsbeschlüssen wollen zwei Polizisten in Mannheim die Aktivist:innen der Initiative 2. Mai mundtot machen. Erstere sehen sich verleumdet, Letztere in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt.

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Die Aktivist:innen verfolgten auch den Gerichtsprozess am Landgericht. Chana von der Initiative betonte, die kritische Prozessbeobachtung sei wichtig, und sie erzählt, dass es sehr bedrückend gewesen sei, die Angehörigen zu unterstützen, die "nochmal öffentlich durchgehen mussten, wie ihr Sohn und Bruder stirbt".

Am Landgericht Mannheim fand dann ein Streit zwischen Gutachter:innen statt, denn die Verteidigung der angeklagten Beamten hatte zwei neue Gutachten beauftragt. Sie kamen zu einem anderen Schluss als das erste Gutachten von Gerichtsmediziner:innen der Uniklinik Heidelberg, demzufolge Ante P. aufgrund eines lagebedingten Erstickungstodes starb, ähnlich wie George Floyd in den USA. 

Die hinzugezogenen Gerichtsmediziner:innen der Verteidigung sahen die Polizeigewalt wie Schläge an den Kopf und das Blut in den Atemwegen jedoch nicht als Todesursache an, sondern ein plötzliches Herzversagen.

Diesem Argument folgten am Ende sowohl Staatsanwaltschaft als auch die Richter:innen. Das Urteil Anfang März 2024 lautete Freispruch für den einen Polizisten und ein Schuldspruch wegen Körperverletzung im Amt für den Hauptangeklagten. Er sollte eine Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu jeweils 50 Euro zahlen.

Jedoch legten die Angehörigen von Ante P. Revision ein. Seine Schwester sagte nach Prozessende, während der Verhandlungen seien "diskriminierende und stigmatisierende Aussagen gegenüber psychisch kranken Menschen" gefallen. Sie sah darin einen Verstoß gegen die EU-Behindertenrechtskonventionen.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe scheint dem nicht ganz zu folgen. Im Juli bestätigten die Richter:innen zuerst den Freispruch als rechtmäßig. Drei Monate später gaben sie einer Revision im Fall der Körperverletzung im Amt statt. Allerdings nicht im Sinne der Angehörigen, sondern zugunsten des Polizisten, da seitens des Landgerichtes nicht schlüssig begründet worden sei, warum die Schläge gegen den Kopf des am Boden liegenden P. keine Notwehr gewesen sein. Es wird daher zu einem erneuten Prozess am Landgericht Mannheim kommen, vermutlich mit einem milderen zweiten Urteil. Für die Familie sei das neben der psychischen Belastung vor allem eine finanzielle, sagt Chana von der Initiative 2. Mai, die nach wie vor Spendengelder für die Gerichtskosten sammelt.

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1 Kommentar verfügbar

  • Rudi Platzer
    vor 2 Wochen
    Antworten
    Dieser tragische Fall von Ante P. ist meines Erachtens nicht der einzige Fall. bei dem brutale und überzogene Polizeigewalt stattfand. Dass Polizeibeamte, die ja als Staatsdiener gelten, einem am Boden liegenden Menschen so auf den Kopf schlagen dass dadurch/deshalb Blut in seine Atemwege gelangte…
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