Die Aktivist:innen verfolgten auch den Gerichtsprozess am Landgericht. Chana von der Initiative betonte, die kritische Prozessbeobachtung sei wichtig, und sie erzählt, dass es sehr bedrückend gewesen sei, die Angehörigen zu unterstützen, die "nochmal öffentlich durchgehen mussten, wie ihr Sohn und Bruder stirbt".
Am Landgericht Mannheim fand dann ein Streit zwischen Gutachter:innen statt, denn die Verteidigung der angeklagten Beamten hatte zwei neue Gutachten beauftragt. Sie kamen zu einem anderen Schluss als das erste Gutachten von Gerichtsmediziner:innen der Uniklinik Heidelberg, demzufolge Ante P. aufgrund eines lagebedingten Erstickungstodes starb, ähnlich wie George Floyd in den USA.
Die hinzugezogenen Gerichtsmediziner:innen der Verteidigung sahen die Polizeigewalt wie Schläge an den Kopf und das Blut in den Atemwegen jedoch nicht als Todesursache an, sondern ein plötzliches Herzversagen.
Diesem Argument folgten am Ende sowohl Staatsanwaltschaft als auch die Richter:innen. Das Urteil Anfang März 2024 lautete Freispruch für den einen Polizisten und ein Schuldspruch wegen Körperverletzung im Amt für den Hauptangeklagten. Er sollte eine Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu jeweils 50 Euro zahlen.
Jedoch legten die Angehörigen von Ante P. Revision ein. Seine Schwester sagte nach Prozessende, während der Verhandlungen seien "diskriminierende und stigmatisierende Aussagen gegenüber psychisch kranken Menschen" gefallen. Sie sah darin einen Verstoß gegen die EU-Behindertenrechtskonventionen.
Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe scheint dem nicht ganz zu folgen. Im Juli bestätigten die Richter:innen zuerst den Freispruch als rechtmäßig. Drei Monate später gaben sie einer Revision im Fall der Körperverletzung im Amt statt. Allerdings nicht im Sinne der Angehörigen, sondern zugunsten des Polizisten, da seitens des Landgerichtes nicht schlüssig begründet worden sei, warum die Schläge gegen den Kopf des am Boden liegenden P. keine Notwehr gewesen sein. Es wird daher zu einem erneuten Prozess am Landgericht Mannheim kommen, vermutlich mit einem milderen zweiten Urteil. Für die Familie sei das neben der psychischen Belastung vor allem eine finanzielle, sagt Chana von der Initiative 2. Mai, die nach wie vor Spendengelder für die Gerichtskosten sammelt.
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Rudi Platzer
vor 2 Wochen