Einst war er ein Parkplatz, der Schützenplatz im Stuttgarter Kernerviertel. Das war nicht schön, und lange plante die Stadt an einer Neugestaltung, ein Kreisel sollte es werden, um den die Autos drumherum fahren konnten mit Grün und/oder Kunst in der Mitte. Doch als es endlich losgehen sollte, meldeten sich die Anwohner:innen zu Wort. Das wäre doch wieder nur etwas für Autos, aber keine Verbesserung für sie. Und siehe da: Die Stadtverwaltung ließ sich zur Überraschung vieler Anrainer:innen auf die Diskussion ein, und herausgekommen ist ein Platz mit Pflanzen, mit Zugang vom Bürgersteig aus, so dass die Autos nicht komplett drumherum fahren können, sondern nur halb.
Feine Sache, finden die Leute am Schützenplatz. "Da hat sich eine tolle Gemeinschaft gebildet", erzählt Gerd Becker. Er war früher Dozent am Institut für Ethnologie der Uni Hamburg, seit zehn Jahren lebt der 70-Jährige nun am Schützenplatz. "Da oben", sagt er und zeigt mit dem Finger auf eines der 120 bis 130 Jahre alten Eckhäuser. "Das Fenster mit den Kräutern." Gemeinsam mit einigen anderen hat er in dem neuen Freiluft-Wohnzimmer ein Schachbrett installiert. Anfangs wurden immer mal wieder König oder Königin der halbmetergroßen Schachfiguren gestohlen. "Jetzt werden die getrackt", sagt Becker und grinst fröhlich.
Mitten auf dem neuen Platz liegen sich zwei mit Metall eingefasste große Halbrunde gegenüber, von den Anwohner:innen begrünt, auf der Kante sitzen an diesem Nachmittag ein paar Jugendliche und unterhalten sich. Wer sich auf einer der Holzbänke am Schachbrett niederlässt, muss nicht lange warten, bis eine Nachbarin oder ein Nachbar vorbeikommt und sich auf einen Schwatz einlässt. "Das ist wirklich ein ganz anderes Lebensgefühl als früher", sagt Becker.
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Wes
am 18.06.2024