Das freut Tina Fuchs am meisten. Dass der syrische Menschenrechtsanwalt Anwar al-Bunni mit dem Deutsch-Französischen Preis für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit geehrt wurde. Nicht an einem beliebigen Tag, sondern genau 70 Jahre nach der Erklärung der Menschenrechte, am 10. Dezember 2018. "Er kämpft Tag und Nacht dafür, dass die Menschenrechtsverletzungen in Syrien wahrgenommen werden", sagt die Fernsehjournalistin, "dieser hochoffizielle Preis ist eine Anerkennung seiner Arbeit." Seit wenigen Tagen gehört auch Österreich zu den vier Ländern, die Ermittlungen gegen Kriegsverbrechen und Folter in Syrien eingeleitet haben. Nach Deutschland, Schweden und Frankreich.
Tina Fuchs hat für ihren Film "Zeugen gegen Assad" die Arbeit von Anwar al-Bunni porträtiert. Sie hat um diesen Film gekämpft, bis er im April 2018 endlich in der ARD gezeigt wurde. Nun hat die SWR-Journalistin am selben Tag wie Anwar al-Bunni Genugtuung erfahren: "Zeugen gegen Assad" lief als Wiederholung im Bayerischen Rundfunk. Als öffentlich-rechtlicher Beitrag zum Tag der Menschenrechte. Manchmal braucht es Hartnäckigkeit und ein besonders dickes Fell, bis sich Erkenntnis durchsetzt.
In der praktischen Politik braucht das manchmal noch länger. Das deutsche und französische Außenministerium mögen einen Preis verleihen an einen Anwalt, der Baschar al-Assads menschenrechtswidriges Vorgehen gegen Regimekritiker publik macht. Doch den baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl hielt das nicht davon ab, laut über Abschiebungen von Straftätern nach Syrien nachzudenken. Inzwischen hat die Innenministerkonferenz den Abschiebestopp für syrische Flüchtlinge bis Juni 2019 verlängert. Und außerdem ist der Krieg in Syrien längst ein internationaler Krieg mit verschiedensten Machtinteressen und noch längst nicht vorbei. Türkische Truppen marschieren seit dem 12. Dezember in einer neuen Offensive gegen Kurdentruppen in Nordsyrien. Präsident Trump hat vor wenigen Tagen überraschend den Rückzug der US-amerikanischen Truppen aus Syrien angekündigt. Waffengeschäfte mit der Türkei über F-35-Bomber spielen dabei auch eine Rolle. Es ist nicht allein der syrische Machthaber Assad, der eigene Interessen verfolgt und sich mit allen Mitteln an die Macht klammert.
Die Künstlerin Abeer Farhoud ist vor Assads Folter nach Deutschland geflohen. Sie hat mit ihren Installationen im Württembergischen Kunstverein den Caesar-Fotos eine dritte Dimension gegeben. Mit den abgehackten Händen und Füßen aus Gips oder der inszenierten sinnlich-erfahrbaren Enge der Gefängniszellen verarbeitet die Regimegegnerin ihre eigene Folter und die vieler ihrer Freunde. Inzwischen hat Abeer, die in Wismar lebt, dort zwei weitere Ausstellungen verwirklicht und eine künstlerische Heimat gefunden.
Da hat auch Heike Schiller etwas nachgeholfen. Die Chefin der baden-württembergischen Heinrich-Böll-Stiftung hat in Stuttgart gemeinsam mit Tina Fuchs Konzeption und Präsentation der Caesar-Fotos und das inhaltliche Beiprogramm erarbeitet. Nun soll die Ausstellung in weiteren Städten gezeigt werden. Die Gespräche mit Böll-Stiftungen in anderen Bundesländern laufen, Anfang nächsten Jahres, so Schiller, werden erste Entscheidungen fallen.
Bis Januar 2019 widmet sich die Böll-Stiftung gemeinsam mit der Kinemathek Karlsruhe dem filmischen Gedächtnis Syrien. Unter dem Titel <link http: www.boell-bw.de veranstaltungen dokumentation-2018 syria-mon-amour _blank external-link-new-window>"Syria, mon amour" soll die Reihe zeigen, dass Filme aus Syrien mehr sein können als Dokumente von Krieg und Zerstörung.
3 Kommentare verfügbar
Andromeda Müller
am 27.12.2018Was nachts geschah , das ist zu vermuten ,…