Denn diese Argumentation greift zu kurz. Dass der Klimawandel der maßgebliche Grund für die aktuellen und vergangenen Hochwasserereignisse ist, lässt sich derzeit nicht eindeutig belegen, das zumindest vermelden das Umweltbundesamt und der Deutsche Wetterdienst. Aber die Argumentation ist eine bequeme, vor allem für die Politik: Wenn der weltweite Klimawandel an den Hochwässern schuld ist, so die Botschaft, können wir hier vor Ort ja ohnehin nichts unternehmen. Aber gerade auf kommunaler Ebene kann vielmehr dafür getan werden, dass extreme Überschwemmungen wie die der vergangenen Wochen wieder weniger werden.
Hochwasser hängen nicht nur von der Stärke und Dauer des Regens, sondern von zwei weiteren Faktoren ab: dem Einzugsgebiet des Flusses und dem Fluss selbst. Seit dem 19. Jahrhundert wurden Flüsse und Bäche in großem Stil begradigt, im Irrglauben, man könne sie dadurch beherrschbar machen, und um Raum für Siedlungsbau und Landwirtschaft zu gewinnen – eine Praxis, die bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts (und teilweise darüber hinaus) fortgesetzt wurde. Bis heute sind die allermeisten unserer Fließgewässer durch Begradigungen verkürzt und mit Befestigungen aus Stein und Beton gesichert. Die Folge: Die Fließgeschwindigkeit nimmt zu, Abflüsse aus Seitengewässern gelangen schneller in den Fluss und überlagern sich, bündeln sich zu einer schnelleren, steileren und höheren Hochwasserwelle: Das Hochwasser steigt.
80 Prozent des natürlichen Hochwasserschutzes sind schon weg
Flussbegradigungen und das Bauen von Deichen zur Landgewinnung bedeuten, dass natürliche Überschwemmungsgebiete in den Flussauen verloren gehen. In einem intakten Flusssystem sorgen diese Flächen für einen natürlichen Hochwasserrückhalt, indem sie die Wassermassen aufnehmen und speichern; gehen sie verloren, schwillt das Wasser in Bächen und Flüssen immer weiter an. Etwa 80 Prozent dieses natürlichen Hochwasserschutzes sind in Deutschland bereits verschwunden, an manchen Flüssen sogar noch mehr.
3 Kommentare verfügbar
Karl Käfer
am 16.06.2016wer lesen kann ist klar im Vorteil: Der Artikel leugnet keinesfalls den Klimawandel - bestritten wird nur, dass er für die aktuellen(!) Hochwasserereignisse der maßgebliche Faktor ist, bzw. dass es nur diesen Faktor gebe.