Oswald Meier kann sich schon lange nicht mehr freuen, wenn an Wochenenden die Sonne vom Himmel lacht. "Dann ist hier die Hölle los, da verstehen Sie ihr eigenes Wort nicht mehr", erzählt der 65-jährige Rentner, der seinen richtigen Namen nicht veröffentlicht sehen will. Mit dem schönen Wetter fallen sie ein in Schnait, einem Ortsteil von Weinstadt im Remstal, gut 15 Kilometer östlich von Stuttgart. Behelmte Gestalten auf ihren Feuerstühlen, häufig mit mehr als 100 Pferdestärken unter dem Allerwertesten. Oft allein, manchmal auch als "marodierendes Rudel", wie Meier die Karawanen von K-Rad-Fahrern bezeichnet, die an seinem Haus in der Weinstraße vorbeidröhnen. 270 Maschinen in dreieinhalb Stunden zählte das Ordnungsamt vergangenes Jahr an einem Maisonntag. "Der Verkehr hat massiv zugenommen, heute fährt hier noch viel mehr durch als früher", zürnt er.
Kaum einer der Biker kommt, um zu bleiben. Sondern um Gas zu geben auf der K 1865, die von der Gaststätte Lamm unten im Flecken in sieben Kehren steil hinauf in den Schurwald führt. "Die Streckenführung verleitet viele zum Rasen und lärmintensiven Ausdrehen der Gänge", sagt Meier. <link https: youtu.be hjro95wahg8 _blank external-link-new-window>Auf Youtube hat einer der Fahrer die Abfahrt vom aussichtsreichen Höhenzug hinunter ins Tal dokumentiert. Der Clip zeigt, wie beim Beschleunigen aus den Kurven der Drehzahlmesser am roten Bereich kratzt, wie Mensch und Maschine mit über achtzig Sachen in den Ortskern rasen. Ein großes Schild der Verkehrswacht, das am Straßenrand ein schlafendes Baby und ein unmissverständliches "Pssst. Rücksichtsnahme" zeigt, bleibt unbeachtet. "Die strecke macht sooo bock", freut sich ein Kommentator mit leichter Rechtschreibschwäche.
Die Anwohner fordern eine Verkehrsberuhigung
Viele der rund 250 Anwohner dagegen sind mit ihren Nerven längst am Ende. "Das war nicht mehr auszuhalten", begründet Meier, warum sich Lärmgeplagte im Jahr 2002 in der "Interessengemeinschaft gegen Lärm und Raserei" zusammenschlossen. Seither fordern sie, im wahrsten Sinne des Wortes, Verkehrsberuhigung. Eine, die das Leben im Geburtsort des Chorleiters Friedrich Silcher wieder erträglich macht. "Die Rechtslage gibt verkehrsbeschränkende Maßnahmen nicht her", bekamen sie jahrelang zu hören. Auch von Weinstadts Oberbürgermeister Jürgen Oswald, der selbst "sehr gut nachvollziehen kann, dass der Lärm der Motorräder insbesondere in der Sommersaison für die Anwohner der Schnaiter Weinstraße nicht angenehm ist".
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Schwaben Streich
am 17.08.2015