Die Musik spielt anderswo: Laut Gesetz müssen die Länder mit den Regionalisierungsmitteln, die sie vom Bund zugewiesen bekommen, "insbesondere den Schienenpersonennahverkehr finanzieren". Formal können sie 49 Prozent für andere Zwecke ausgeben, was einige Bundesländer zunehmend tun. Damit wird die Stimmung geschürt, die Länder benötigten diese Mittel nicht in Gänze für Regional-und S-Bahnen. Doch die Große Koalition will die Gesetzeslücke offensichtlich nicht schließen, die zu Missbrauch einlädt.
Schwarz-Rot will "vor Auslaufen der geltenden Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung Schiene (LuFV) (...) mit der DB AG eine neue Vereinbarung schließen". Dabei soll "durch Festlegung zusätzlicher Qualitätsmerkmale" sichergestellt werden, "dass Umfang und Kapazität des Schienennetzes erhalten bleiben". Vor dem Hintergrund eines zunehmend maroden Schienennetzes und der verheerenden, zutreffenden Kritik des Bundesrechnungshofs am Finanz- und Investitionsgebaren der DB AG (intransparent; manipulative Angaben zu den Investitionen; kein verantwortlicher wirtschaftlicher Umgang mit den jährlich gut 2,5 Milliarden Euro an Steuermitteln) läuft auch dies auf ein "Weiter so" hinaus.
Die Bahn kassiert weiter Steuermittel
Die Formulierung: "Wir werden sicherstellen, dass alle Gewinne der Eisenbahninfrastruktur-Unternehmen in die Infrastruktur zurückfließen", ist weiße Salbe. Solange es einen Beherrschungsvertrag zwischen dem Bahnkonzern und deren Töchter in den Bereichen Netz und Bahnhöfe gibt, fließen die dort erwirtschafteten Gewinne automatisch an Mütterchen Holding. Die gesamte Konzernplanung, die vom Aufsichtsrat und damit von der Bundesregierung abgesegnet wird, geht von massiv steigenden Gewinnen von DB Netz und DB Station & Service aus, die an die Holding fließen.
Der kluge Kopf hinter dem Großbürgerblatt FAZ las am 28. 11. 2013: "Für die Schiene legen sich Union und SPD fest: Einen Börsengang der Bahn soll es nicht geben." Ups! Im Vertrag steht jedoch nur: "Wir stehen zum integrierten Konzern DB AG. Die Eisenbahninfrastruktur (...) bleibt in der Hand des Bundes." Diese Formulierung hält die Tür für eine Privatisierung des Eisenbahnbetriebs offen: 2008 wurden alle Transportgesellschaften (Nahverkehr, Fernverkehr, Schienengüterverkehr und die weltweite Logistik) unter dem Dach der Subholding DB Mobility Logistics – DB ML – zusammengefasst. Am 30. Mai 2008 fassten CDU/CSU und SPD (Große Koalition!) im Bundestag den Beschluss, dass zunächst 24,9 Prozent der Anteile an DB ML zu veräußern seien. Zwar wurde der Börsengang im Oktober 2008 mit dem Verweis auf den Finanzcrash abgesagt. Oder war es wegen der nahenden Bundestagswahl? Doch der Mai-2008-Beschluss bleibt gültig.
Ende 2009 formulierte Bahnchef Grube prophetisch: "Der Zeitpunkt für eine Privatisierung wird wieder kommen, gar keine Frage." (FAZ vom 7. 11. 2009). Im selben Jahr setzte sich Schwarz-Gelb dasselbe Ziel: "Eine Million Elektroautos bis 2020." Vier Jahre später sind in Flensburg 25 000 Elektro-Pkw registriert. Doch Ende 2013 deklamieren die Großkoalitionäre tapfer: "Am Ziel, eine Million Elektroautos für Deutschlands Straßen bis zum Jahr 2020, wollen wir festhalten." Klartext: In sechs Jahren sollen 975 000 Elektro-Pkw auf die Straßen gebracht werden. Dafür gibt es aber keine Nachfrage. Es sei denn, man schafft diese künstlich. Doch das wäre Planwirtschaft. Und so sollen für diese Technologie Milliarden Euro an Steuergeldern an VW, BMW, Mercedes & Co fließe
Fehlanzeige bei Barrierefreiheit
Schwarz-Rot tönt: "Die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention im Verkehrsbereich werden wir vorantreiben." Tatsächlich verstoßen die deutschen Regierungen immer wieder neu gegen diese Konvention. So geschehen am 1. Januar 2013, als die Liberalisierung des Fernbusverkehrs in Kraft trat – ohne Barrierefreiheit. Jetzt soll es einen "verbindlichen Fahrplan zum barrierefreien Aus- und Umbau aller größeren Bahnhöfe" geben. Tatsächlich betreibt die DB-Tochter Station & Service bei 95 Prozent der Bahnhöfe den Rückzug von allem Bahnpersonal. Doch personelle Präsenz auf Bahnhöfen ist vielfach die Voraussetzung dafür, dass mobilitätseingeschränkte Menschen ihr Grundrecht auf Mobilität wahrnehmen können.
Übrigens: Ist der Stuttgarter Hauptbahnhof nicht auch ein "größerer Bahnhof"? Warum wird dann mit Stuttgart 21 ein weitgehend barrierefreier, weil ebenerdiger Kopfbahnhof in einen Tiefbahnhof mit massiven Barrieren umgewandelt?
Pkw-Maut und Überwachungsstaat
1 Kommentar verfügbar
Didi
am 17.12.2013Aber dafür gibts ja "freie Fahrt für freie Bürger", Umweltzerstörung in gigantischem Außmaß, einen schlechten und überteuerten Öffentlichen Personen Nahverkehr und…