Es dauert verdammt lange, bis sich Gleichberechtigung durchsetzt. Auch sprachliche. Noch im Herbst 1972 erhielt Luise F. Pusch ihre Promotion mit den Worten: "Die Universität Hamburg verleiht Fräulein Pusch den Titel und die Würde eines Doktors der Philologie." Da war der Erlass vom 16.1.1972 des damaligen FDP-Bundesinnenministers Hans-Dietrich Genscher, der den Begriff Fräulein aus dem Amtsdeutsch strich, bereits ein halbes Jahr alt. 50 Jahre ist das her. Zum Jubiläum erzählt die heute 78-jährige Mitbegründerin der feministischen Linguistik belustigt von dieser Anekdote. Unerbittlich legt sie seit Jahrzenten die Absurditäten der männlich geprägten Sprache offen, in Glossen, Essays und in ihrer Forschung.
Heute betrachtet die Sprachwissenschaftlerin die von Emotionen gepeitschte Debatte um Gendersternchen, Binnen-I und das generische Maskulinum gelassen. Männern, die wegen des Sprachflusses toben, dass Frauen in der männlichen Form doch mitgedacht seien, hält sie das generische Femininum entgegen. Auch Männer können in der weiblichen Form mitgedacht werden, why not? "Was die Frauen über Jahrhunderte ertragen haben, ertragen die starken Männer doch mit Leichtigkeit." Tja. Das klingt plausibel. Auch unsere Autorin Johanna Henkel-Waidhofer hat sich in ihrem Beitrag "So herrlich, unser Deutsch" über den erbitterten Widerstand, den sogenannten "Genderzwang" (AfD), gegen die Weiterentwicklung der deutschen Sprache lustig gemacht. Herrlich!
Bleibt zu hoffen, dass es keine Jahrhunderte mehr dauert, bis die EU-Richtlinie zur Frauenquote in Aufsichtsräten endlich Gesetz wird. Seit zehn Jahren wird darüber debattiert, seit zehn Jahren blockiert neben den osteuropäischen Staaten auch Deutschland. Mit dem Ausscheiden der CDU aus der Bundesregierung könnte die Quote endlich EU-weit Gesetz werden. Präsident Macron jedenfalls will die derzeit laufende EU-Präsidentschaft Frankreichs damit schmücken. Inzwischen unterstützt ihn auch die Präsidentin der EU-Kommission – dabei war Ursula von der Leyen als Arbeitsministerin der Merkel-Regierung einst selbst an der deutschen Blockade beteiligt.
Kürzlich hat von der Leyen der "Financial Times" gestanden: "Ich habe gelernt, dass man, um eine kritische Schwelle von Frauen in den Führungsgremien zu erreichen, einen rechtlichen Rahmen braucht, der die Unternehmen in die richtige Richtung stößt." Doch nun gibt es Streit in der Berliner Ampelkoalition, wie "Investigate Europe" berichtet. Die SPD, so die KollegInnen weiter, bleibt bei ihrer Zustimmung, die FDP jedoch fürchtet sich vor einer Gängelung der Unternehmer. Für den 14. März ließ Macron eine erneute Abstimmung im Ministerrat ansetzen. Jetzt wäre es Zeit für ein eindeutiges Zeichen aus Deutschland. Pro Quote, was denn sonst!
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