KONTEXT:Wochenzeitung
KONTEXT:Wochenzeitung

Rechtsextremer Prügelpolizist

Strafe verzögert sich

Rechtsextremer Prügelpolizist: Strafe verzögert sich
|

Datum:

Ein Sadist, der gerne Demonstrant:innen verprügelt, arbeitet bei der Göppinger Bereitschaftspolizei. Seine rechtsextremen Chatverläufe sind intern seit 2017 bekannt – doch der Abschluss des Disziplinarverfahrens lässt weiter auf sich warten.

"Heute konnte ich seit Langem endlich wieder einen Menschen schlagen", schreibt der Polizist Rainer Jäger [Name geändert] einem Kontakt, den er als "Mama" eingespeichert hat. Das sei "richtig befriedigend" gewesen, lässt er wissen. Einem anderen Gesprächspartner gegenüber zeigt sich Jäger "äußert zufrieden" mit seiner "persönlichen Bilanz" bei einer Demo am 1. Mai: Weil er nun Pfefferspray nachfüllen müsse und eine "Zecke" so hart verprügelt habe, dass sie nicht mehr laufen konnte. 

Ausgabe 760 vom 22.10.2025

Quälend langsame Aufarbeitung

Von Minh Schredle

Ein Polizist aus Baden-Württemberg prahlt mit Gewalt gegen "Zecken" und verschickt über WhatsApp Hakenkreuze. Intern sind die menschenverachtenden Inhalte auf dem Handy des Beamten seit 2017 bekannt. Bald soll eine disziplinarrechtliche Maßnahme folgen, teilt das verantwortliche Präsidium mit.

Beitrag lesen

Jägers Nachrichtenverläufe, die der Kontext-Redaktion auszugsweise vorliegen, sind der Polizei seit 2017 bekannt. Damals liefen Ermittlungen gegen den Beamten, weil er im Verdacht stand, einer friedlichen Demonstrantin am Rande des G20-Gipfels in Hamburg das Wadenbein gebrochen zu haben. Weil der Täter beim Zuschlagen in schwerer Montur uniformiert war, scheiterte eine Identifikation. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg stellte das Verfahren schließlich aus Mangel an Beweisen ein, vermerkte allerdings, dass beim Beamten Jäger "eine aus hiesiger Sicht hoch problematische Dienstauffassung erkennbar" werde. 

Neben dem Prahlen mit Gewalttaten offenbaren die Chatnachrichten des Polizisten eine rechtsextreme Gesinnung: Er verschickt Hakenkreuze, brüstet sich damit, deutsche Flughäfen vor "eselfickenden Fachkräften" zu beschützen und wünscht sich im Austausch mit einem Kameraden eine Enklave unter dem Titel "Nationalsozialistische Republik neu Deutschland" (Schreibweise im Original). Zwischenzeitlich ermittelte deswegen die Karlsruher Staatsanwaltschaft, stellte das Verfahren aber im Februar 2025 ein, weil mögliche Straftaten inzwischen verjährt seien und es überdies nicht strafbar sei, sich im Privaten verbotene nationalsozialistische Kennzeichen zu schicken. 

Neben der strafrechtlichen Bewertung stellt sich aber noch die Frage, ob ein rechtsextremer Sadist, der mit Gewalttaten protzt, charakterlich für den Polizeidienst geeignet ist. Ein Disziplinarverfahren gegen Jäger läuft bereits seit Jahren, Kontext erkundigt sich regelmäßig nach dem Zwischenstand. Und auf Anfrage schien es im September 2025 um ein Haar Neuigkeiten zu geben: Das Disziplinarverfahren befinde sich "in der Finalisierung", es erfolgte "derzeit die abschließende dienstrechtliche Prüfung des Sachverhalts mit Verfügung einer Disziplinarmaßnahme". 

Zum Jahresende wollte die Redaktion wissen, ob die Finalisierung schon geglückt sei. Doch eine Auskunft vom 10. Dezember legt nahe, dass mit weiteren Verzögerungen zu rechnen ist: "Aufgrund umfangreicher Beweisanträge des Rechtsanwalts kann das Disziplinarverfahren derzeit nicht abgeschlossen werden. Die Beweisanträge werden gegenwärtig geprüft und bearbeitet." Die Frage nach einem Zeithorizont bleibt unbeantwortet. Vielleicht klappt es ja schon 2026.

Wir brauchen Sie!

Kontext steht seit 2011 für kritischen und vor allem unabhängigen Journalismus – damit sind wir eines der ältesten werbefreien und gemeinnützigen Non-Profit-Medien in Deutschland. Unsere Redaktion lebt maßgeblich von Spenden und freiwilliger finanzieller Unterstützung unserer Community. Wir wollen keine Paywall oder sonst ein Modell der bezahlten Mitgliedschaft, stattdessen gibt es jeden Mittwoch eine neue Ausgabe unserer Zeitung frei im Netz zu lesen. Weil wir unabhängigen Journalismus für ein wichtiges demokratisches Gut halten, das allen Menschen gleichermaßen zugänglich sein sollte – auch denen, die nur wenig Geld zur Verfügung haben. Eine solidarische Finanzierung unserer Arbeit ermöglichen derzeit 2.500 Spender:innen, die uns regelmäßig unterstützen. Wir laden Sie herzlich ein, dazuzugehören! Schon mit 10 Euro im Monat sind Sie dabei. Gerne können Sie auch einmalig spenden.


Gefällt Ihnen dieser Artikel?
Unterstützen Sie KONTEXT!
KONTEXT unterstützen!

Verbreiten Sie unseren Artikel
Artikel drucken


0 Kommentare verfügbar

Schreiben Sie den ersten Kommentar!

Kommentare anzeigen  

Write new comment

KONTEXT per E-Mail

Durch diese Anmeldung erhalten Sie regelmäßig immer Mittwoch morgens unsere neueste Ausgabe unkompliziert per E-Mail.

Letzte Kommentare:






Die KONTEXT:Wochenzeitung lebt vor allem von den kleinen und großen Spenden ihrer Leserinnen und Leser.
Unterstützen Sie KONTEXT jetzt!