Nebenbei handelt der "Reportagen"-Artikel auch von der Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ), "Marguerres publizistische Leibgarde". Chefredakteur Klaus Welzel sei "für die schier unzählbaren positiven Artikel über den Octapharma-Chef verantwortlich", schreiben die Autoren.
Das hat auch Dierk Helmken, ein Heidelberger Bürger, zu spüren bekommen. Kurz nachdem Marguerre die Ehrenbürgerwürde verliehen bekam, versuchte Helmken mehrfach einen Leserbrief zum Thema in der RNZ zu platzieren. Chefredakteur Wenzel lehnte ab, unter anderem mit dem Hinweis auf "einige Ungereimtheiten", zudem beklagt der Chef, fehlten dem Leserbrief "die Belege (Beweise)" für Helmkens "Tatsachenbehauptungen. Deshalb sehen wir von einer Veröffentlichung ab – und sind dazu von Rechts wegen auch verpflichtet."
Auf Kontext-Nachfrage will sich Welzel nicht äußern. Und weil es der Brief bis jetzt nicht auf die Leserbriefseite geschafft hat, bringen wir die zweite, überarbeitete Version, die Helmken der RNZ angeboten hatte, eben bei uns:
Dank ja, Ehrenbürgerschaft nein
Zweifellos hat Wolfgang Marguerre, der am vergangenen Freitag zum Ehrenbürger Heidelbergs ernannt wurde, für seine großzügigen Spenden bzw. Spendenzusagen in einer Höhe von über 50 Millionen € unser aller Dank verdient. Dies gilt auch unter den Gesichtspunkten, dass 50 Millionen € nur 0,5 bis 1% seines zwischen 5,5 (Nov. 2023) bis über 9 (Juli, 2021) Milliarden US-Dollar pendelnden geschätzten Vermögens ausmachen und er sein Einkommen überwiegend in einer Schweizer Steueroase versteuert.
Was sich Wolfgang Marguerre jedoch nicht verdient hat, ist die Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Heidelberg. Insoweit hätte der Gemeinderat, der der Ehrung mit 2/3-Mehrheit zugestimmt hat, und OB Würzner nicht übersehen dürfen, dass der Name Marguerre bzw. Octapharma, seine im Alleineigentum stehende Firma, seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts immer wieder mit Skandalen in Verbindung gebracht wurde, bei denen es sich um verseuchtes Blutplasma und Korruption im Ärzte- und Pharmabereich handelte. Eine gute Zusammenfassung befindet sich im Internet unter der Überschrift "Geschäfte mit Blutplasma".
Die Stadt hat durch die Verleihung der Ehrenbürgerschaft möglicherweise die Reputation von Wolfgang Marguerre vergrößert. Ihre eigene hat sie dadurch jedoch beschädigt.
Dr. Dierk Helmken, Heidelberg
1 Kommentar verfügbar
Siegfried Heim
am 20.12.2023"verkauften sie die unsauberen Margen..." ist falsch - es muss heißen "verkauften sie die unsauberen Chargen..." Eine Marge ist das was man im Deutschen als "Gewinnspanne" bezeichnet, eine "Charge" ist eine Produktmenge, die in einem einzigen Produktionsdurchgang erzeugt…