KONTEXT:Wochenzeitung
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Ausgabe 8b
Schulklasse

Eingesperrt in der Mittagspause

Wir fühlen uns wie im Knast!

Eingesperrt in der Mittagspause: Wir fühlen uns wie im Knast!
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Nicht einmal mit Erlaubnis der Eltern dürfen Achtklässler:innen an der Bismarckschule in der Mittagspause raus. Unsere Autoren finden das unfair und sind bereit, zu verhandeln.

Unser Problem ist, dass wir in der Mittagspause nicht rausgehen dürfen. Sogar mit Einverständnis der Eltern ist das an der Bismarck-Schule erst ab der neunten Klasse erlaubt. Wir finden, dass Achtklässler:innen reif genug sind, um rauszugehen. Viele in der achten Klasse sind nicht in der Mensa angemeldet und viele, die in der Mensa angemeldet sind, sagen, es schmeckt nicht. Deshalb wollen wir raus. Falls wir in der Nähe wohnen, können wir nach hause gehen und was essen oder einfach draußen essen.

Wir wollen rausgehen, damit wir frei sind. Obwohl wir eigentlich eine Mittagspause haben, fühlt es sich an, als ob wir im Knast sind und Unterricht haben. Draußen können wir Musik hören und das Handy benutzen. Weil wir draußen waren, können wir uns dann besser konzentrieren und dann sind wir im Unterricht aufmerksam, wir können dann auf Fußballplätze gehen und Fußball spielen.

Bei der Recherche haben wir ein Gerichtsurteil entdeckt. Darin steht, dass Schulen in Baden-Württemberg "16-jährigen Schülern auch ohne entsprechende Erlaubnis der Eltern gestatten" können, "das Schulgelände während der Mittagspause zu verlassen". Und: "Mit Einverständnis der Eltern gilt dies auch für Schüler unter 16 Jahren." Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg schon 1987 entschieden. Und bei den Regierungspräsidien von Baden-Württemberg steht das gleiche auf der Website: "Grundsätzlich haben die Schüler keinen Anspruch darauf, dass ihnen während der Hohlstunden oder in Pausen das Verlassen des Schulgebäudes gestattet wird. Älteren Schülern kann jedoch – mit Einverständnis der Erziehungsberechtigten – erlaubt werden, das Schulgrundstück zu verlassen, solange dies nicht mit besonderen Gefahren oder Nachteilen verbunden ist."

Sie dürfen uns also erlauben, rauszugehen. Aber sie wollen nicht.

Die Lehrkräfte können auch sagen, dass uns was passiert, aber wir sind schon reif genug, um auf uns aufzupassen und wir passen auf uns immer auf, wenn wir nach der Schule oder am Wochenende rausgehen. Die Lehrkräfte machen sich Sorgen, dass wir Mist bauen wie rauchen oder etwas klauen. Aber wenn wir Mist bauen, dann können die Lehrer:innen es mitbekommen und dann verbieten sie uns wieder, rauszugehen. Die Lehrkräfte können auch sagen, dass wir zu spät zum Unterricht kommen, weil wir nicht mitbekommen, wie viel Uhr es ist. Aber wir können doch einen Wecker auf dem Handy stellen, z.B. 15 Minuten vor Unterricht, damit wir rechtzeitig los gehen. Frau Kaiser hat uns erzählt, dass eine alte achte Klasse was geklaut hat und deswegen niemand mehr raus darf. Aber das waren nicht wir, das war die alte Klasse. Es ist unfair, dass wir auch dafür bestraft werden.

Wir können auch erst mal zwei Wochen Probe machen, um die Schule zu überzeugen und wir werden nichts klauen. Wir werden die Lehrer:innen davon überzeugen, dass wir dieses Jahr raus dürfen. Im Grundgesetz steht doch schon in Artikel 2: "Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt."

 

Dieser Artikel ist Teil des Medienprojekts der Kontext-Wochenzeitung mit der Bismarckschule in Stuttgart-Feuerbach. Zur gesamten Schulausgabe geht es hier.


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