Geschichtliche Gedenktage bieten regelmäßig willkommenen Anlass, sich selbst in Erinnerung zu bringen. Die 100jährige Wiederkehr des Tages, an dem der Erste Weltkrieg und mit ihm die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" (George F. Kennan) ausbrach, bildet da keine Ausnahme. Im Gegenteil: Die gängigen Medien überschlagen sich in dramatischen Schilderungen des Unheils und seiner Auswirkungen auf die einfachen Menschen, und nicht wenige namhafte Zeithistoriker erlaben sich an der Wiederbelebung eines auflagefördernden Streites über politische Schuldzuweisungen an die beteiligten Regierungen.
Dieses Buch beteiligt sich nicht an solchen hie und da schon ans Lächerliche grenzenden Versuchen, zu durchsichtigen Zwecken Aufmerksamkeit zu erheischen. Im Gegenteil: Der "Krieg als Download" überschriebene Beitrag macht überzeugend auf die grundsätzliche Problematik aufmerksam, der die moderne Publizistik ausgesetzt ist. In gedruckter Form fasst der Band Beiträge zusammen, die bereits in der digitalen "Kontext:Wochenzeitung" nachlesbar waren. Ausnahmslos geht es um "Vergessenes und Verdrängtes", um Themen, die an Geschehnisse und Zusammenhänge der schrecklichen Jahre zwischen 1914 und 1918 erinnern und doch in der öffentlichen Diskussion bisher nur am Rande oder gar nicht beachtet worden sind.
Allesamt beruhen die Beiträge auf sorgfältiger Recherche. Keiner davon zielt auf billige Sensationsmache oder auf durchsichtige politische Absichten. Ihr Schwerpunkt liegt im Südwesten Deutschlands und damit im Kerngebiet des herausgebenden Publikationsorgans. Das schließt nicht aus, dass viele der geschilderten Ereignisse, ob diese mit der von Stuttgart ausgehende Friedensbewegung oder mit so gegensätzlichen Künstlern wie Ernst Jünger und Otto Dix zusammenhängen, weit darüber hinaus gewirkt haben.
Mit "Der König weint" ist den Herausgebern ein ebenso mutiges wie nachdenkliches Buch gelungen. Ich wünsche ihm in jeder Hinsicht Erfolg. Dies gilt umso mehr, als seine Veröffentlichung auf das Prinzip des "Crowdfunding" vertraut - und damit auf eine Leserschaft, die nicht bereit ist, sich durch jene vordergründigen Interessen betäuben zu lassen, durch die nicht wenige der heutzutage allzu weit verbreiteten Publikationsgewohnheiten gekennzeichnet sind.
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