KONTEXT:Wochenzeitung
KONTEXT:Wochenzeitung

Wilhelm-Raabe-Straße 4

Ende des Leerstands?

Wilhelm-Raabe-Straße 4: Ende des Leerstands?
|

Datum:

Seit sieben Jahren sind mehrere Wohnungen des Mehrfamilienhauses im Stuttgarter Süden unbewohnt. Der Stadt riss dieses Jahr dann der Geduldsfaden, sie verhängte ein Zwangsgeld. Jetzt sollen die Wohnungen zumindest wieder auf den Markt.

Mitte Dezember hat sich bei der Wilhelm-Raabe-Straße 4 augenscheinlich nichts getan seit dem letzten Besuch im Sommer. Noch immer wacht eine Kamera über die Eingangstür des Hauses im Stuttgarter Süden, noch immer versperren heruntergelassene Rollläden im Erdgeschoss den Blick ins Innere, noch immer steht an den Briefkästen und Klingelschildern nur ein einziger Name. Allein ein Zettel des Schornsteinfegers hängt an der Tür: In allen vier Wohnungen sollen Abgaswerte geprüft werden, Termin 29. September. 

Von außen wirkt es so, als hätte sich nichts geändert, nachdem 2018 Hausbesetzer:innen, die für einen Monat in leerstehende Wohnungen des Hauses gezogen waren, von der Polizei geräumt wurden. Aber doch: Es tut sich was, wenn auch nicht an der Hausfassade sichtbar, wie Anfragen unserer Redaktion an das Stuttgarter Rathaus im Laufe dieses Jahres gezeigt haben. 

Ausgabe 752 vom 27.08.2025

Der Stadt reicht's

Von Korbinian Strohhuber

Nach einer Hausbesetzung kam die Wilhelm-Raabe-Straße 4 in Stuttgart-Heslach in die Schlagzeilen. Sieben Jahre nach der Räumung stehen die Wohnungen immer noch leer – angeblich, weil die ganze Zeit saniert wird, wie die Eigentümerfamilie aus London sagt. Die Stadtverwaltung hat lange zugesehen und macht jetzt ernst.

Beitrag lesen

Schließlich hat sich die Landeshauptstadt eine Satzung "über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum" gegeben, wonach Wohnungen nur in Ausnahmefällen länger als sechs Monate leer stehen dürfen. Und so ein Ausnahmefall soll hier vorgelegen haben: Angeblich wurde über all die Jahre saniert, dem Rathaus wurden Rechnungen von Handwerksfirmen vorgelegt. 

Handelt es sich um eine Verzögerungstaktik der Eigentümerfamilie, die möglicherweise die Immobilie teurer – und ohne Mieter:innen – weiterverkaufen wollte? Vielleicht. Eine Anfrage an das Rathaus im Sommer brachte ans Licht, dass das Baurechtsamt den Fortschritt geprüft hat und zu dem Schluss gekommen ist, dass die Wohnungen durchaus bereit für den Bezug wären. Die Stadt ordnete deshalb im März an, dass die Räumlichkeiten binnen zweier Monate "einem Wohnnutzen zugeführt werden müssen", ansonsten drohe ein Zwangsgeld. Der Anordnung wollte die Eigentümerfamilie zunächst nicht folgen, legte sogar Widerspruch ein, der abgelehnt worden ist. 2.000 Euro musste sie zahlen, erneut erfolgte die Aufforderung, die Wohnungen zügig zu vermieten. Abermals ließ verstrich die Frist. Ein zweites, höheres Zwangsgeld werde vorbereitet, hieß es im August aus dem Rathaus. 

Dieses Mal sollte die Strafe bei 5.000 Euro liegen, ergab nun die erneute Anfrage. Das musste dann aber doch nicht gezahlt werden: "Da die Eigentümer inzwischen ein Maklerbüro mit der Vermarktung der Wohnungen beauftragt hat und damit ernsthafte Schritte zur Wiederzuführung in die Wohnnutzung nachweisbar sind, dürfen aus rechtlichen Gründen keine weiteren Zwangsgelder verhängt werden." Das Angebot sei "realistisch" und "entspricht dem Marktniveau". Das Baurechtsamt gehe davon aus, dass die Wohnungen also im neuen Jahr wieder bewohnt werden, heißt es von der Pressestelle der Stadt. 

Stehen die Wohnungen also bald nicht mehr leer? Und wie teuer sind sie? Die Stadt dürfe aus Datenschutzgründen dazu nichts sagen, nur so viel: Auf "gängigen Immobilienportalen" würden die Wohnungen angeboten. Falls dem so ist, sind sie dort allerdings gut versteckt und nicht mit der Adresse angegeben. "Ich weiß von gar nichts", erzählt eine Mieterin, die im einzig bewohnten Stock lebt, per Sprechanlage. Es bleibt also abzuwarten, ob und wann wieder jemand einzieht. 

Wir brauchen Sie!

Kontext steht seit 2011 für kritischen und vor allem unabhängigen Journalismus – damit sind wir eines der ältesten werbefreien und gemeinnützigen Non-Profit-Medien in Deutschland. Unsere Redaktion lebt maßgeblich von Spenden und freiwilliger finanzieller Unterstützung unserer Community. Wir wollen keine Paywall oder sonst ein Modell der bezahlten Mitgliedschaft, stattdessen gibt es jeden Mittwoch eine neue Ausgabe unserer Zeitung frei im Netz zu lesen. Weil wir unabhängigen Journalismus für ein wichtiges demokratisches Gut halten, das allen Menschen gleichermaßen zugänglich sein sollte – auch denen, die nur wenig Geld zur Verfügung haben. Eine solidarische Finanzierung unserer Arbeit ermöglichen derzeit 2.500 Spender:innen, die uns regelmäßig unterstützen. Wir laden Sie herzlich ein, dazuzugehören! Schon mit 10 Euro im Monat sind Sie dabei. Gerne können Sie auch einmalig spenden.


Gefällt Ihnen dieser Artikel?
Unterstützen Sie KONTEXT!
KONTEXT unterstützen!

Verbreiten Sie unseren Artikel
Artikel drucken


0 Kommentare verfügbar

Schreiben Sie den ersten Kommentar!

Kommentare anzeigen  

Write new comment

KONTEXT per E-Mail

Durch diese Anmeldung erhalten Sie regelmäßig immer Mittwoch morgens unsere neueste Ausgabe unkompliziert per E-Mail.

Letzte Kommentare:






Die KONTEXT:Wochenzeitung lebt vor allem von den kleinen und großen Spenden ihrer Leserinnen und Leser.
Unterstützen Sie KONTEXT jetzt!