Die Stimme klingt beschwingter, als es angesichts der Umstände zu erwarten wäre. "Michael Warbanoff am Apparat", meldet sich fröhlich der Seniorchef der Esslinger Gewa-Gruppe. Während die Internet-Präsenz www.warbanoff.de seit kurzem ins Leere führt, ist das Büro im Vorort Mettingen besetzt. Die gute Laune des 70-jährigen Firmenpatriarchen verschlechtert sich jedoch, als der Anrufer Näheres zu einer der zahlreichen Gewa-Gesellschaften wissen will. Konkret zur Pleite der "GEWA 5 to 1 GmbH & Co. KG", die bis vor kurzem noch am spektakulären Turmbau zu Fellbach arbeitete. "Das hat Sie nichts zu interessieren", schreit der Unternehmer. Wenn einer Auskunft gebe, dann nur Mark Warbanoff. Doch der jüngste Sohn habe gerade Termine. "Versuchen Sie es später nochmals", bellt er und legt auf.
Überraschend hatte Warbanoffs Firma, die seit 2014 den dritt höchsten Wohnturm Deutschlands baute, Mitte November Insolvenzantrag gestellt. Seither muss die Wein- und Kongressstadt Fellbach vor den Toren Stuttgarts befürchten, eine 107 Meter hohe Bauruine als neues Wahrzeichen zu bekommen. Auch bangen Anleger, die 35 Millionen Euro in eine Turm-Anleihe steckten, um ihr Geld. Genauso wie die Käufer von 44 Wohnungen, die bereits Anzahlungen für "höchste Wohnträume" im Wolkenkratzer leisteten.
Dem Sohn tut's jedesmal weh, wenn er an dem Turm vorbei fährt
Anders als der Vater gibt sich Junior Warbanoff später auskunftsfreudiger, wählt seine Worte in nachdenklichem Tonfall. "Keine Ahnung" habe er, wie es mit dem unfertigen Wohnturm weitergehe. "Auch für uns ist es ziemlich schlimm, so etwas haben wir selbst noch nie erlebt", sagt der 37-Jährige zu den dramatischen Entwicklungen. Täglich fahre er an dem Turm vorbei. "Es tut jedes Mal weh", beteuert der Betriebswirt. Schließlich sei das Hochhaus auch ein Stück seines Lebenswerks, mit dem er sich seit Jahren intensiv beschäftigt habe. "Das fehlt jetzt", sagt Warbanoff, "wir wollen keine Bauruine. Wir wollen, dass das Projekt fertiggestellt wird".
Bis vor wenigen Wochen noch war die schwäbische Hochhauswelt in Ordnung. Anfang September feierte man mit Bauarbeitern und Lokalprominenz Richtfest am Rohbau. Sie hätten sich nicht mit kleinen Plänen aufgehalten, sondern den großen Wurf gewagt, lobte der damalige Fellbacher Oberbürgermeister Christoph Palm die Immobilien-Familie. "Wer nicht an den Fortschritt glaubt und denkt, alles sei schon ausgereizt, der tut sich und der Nachwelt nichts Gutes", pries der CDU-Politiker die Warbanoffs auf Neuschwäbisch als "Risk-Taker", das Risiko Wagende.
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Fritz
am 30.12.2016