RWE und die Leitung des Kraftwerks berufen sich dagegen auf den EU-Stresstest für Atomkraftwerke vom September 2012, der Gundremmingen "ein ausgewiesen hohes Sicherheitsniveau" attestiere. (<link file:7569 _blank>Der Stresstest-Bericht als PDF-Download.)
Es handle sich zwar wie in Fukushima um Siedewasserreaktoren, die Sicherheitstechnik sei jedoch nicht vergleichbar. Die beantragte Leistungserweiterung, so RWE, habe "gutachterlich bestätigt keine sicherheitstechnische relevanten Auswirkungen". Dennoch zog RWE Ende 2013 den Antrag zurück. Grund: Die bayerische Staatsregierung, sehe "in der Leistungserhöhung für Kernkraftwerke ein falsches politisches Signal in Zeiten der Energiewende". Tatsächlich hatte sich Ministerpräsident Horst Seehofer eine Woche zuvor von dem Vorhaben mit genau dieser Begründung distanziert. Sicherheitsaspekte, so die Kraftwerkbetreiber, hätten bei ihrem Rückzug keine Rolle gespielt.
Zwei AKW-Mitarbeiter getötet
Wie gefährlich die Reaktoren in Gundremmingen sein können, zeigt die jüngste Abschaltung. Doch die war nur einer von vielen, teilweise viel schwereren "Zwischenfällen". So sind in Block A, ebenfalls einem Siedewasserreaktor, bei einem Unfall 1975 zwei Menschen getötet worden. 265 Grad Celsius heißes Wasser hatte die Schlosser Otto Huber (34) und Josef Ziegelmüller (46) mit hohem Druck erfasst und schlagartig verbrüht. Es waren die ersten Todesopfer in einem westdeutschen Atomkraftwerk. Zwei Jahre später führte eine Schnellabschaltung zu Fehlsteuerungen. Kurze Zeit danach stand im Reaktorgebäude drei Meter hoch radioaktiv verseuchtes Wasser, was die Anlage großflächig kontaminierte. Es war der erste und bisher einzige Großunfall eines Atomkraftwerks mit Totalschaden in Deutschland. RWE nahm den Block aus wirtschaftlichen Gründen nie mehr in Betrieb. Die Kosten für die Demontage: über zwei Milliarden Euro, nach Angaben der Kraftwerksleitung rund eine Milliarde Euro.
Große Gefahren sehen die Kernkraftgegner auch bei der Entsorgung. Allein 2013 sind 45 000 Kilogramm hoch radioaktiver Müll entstanden. In Gundremmingen lagert derzeit oberirdisch weit mehr Atommüll als an jedem anderen Ort in Deutschland. Denn obwohl in der Gemeinde seit 1966 Atomstrom und somit auch radioaktiver Müll erzeugt werden, wurde noch kein Kilogramm ordentlich entsorgt.
Größtes Atommülllager in Deutschland
Ein Teil der Abfälle wird in Ahaus, Gorleben, Lubmin und Sellafield zwischengelagert. Nahezu die Hälfte des inzwischen erzeugten Atommülls lagert auf dem Kraftwerksgelände, denn im Rahmen des Atomausstiegs war ab Mitte 2005 der Transport abgebrannter Brennelemente zur Wiederaufbereitung untersagt worden. Die Abklingbecken in Gundremmingen liegen im Reaktorgebäude, aber nicht innerhalb des Sicherheitsbehälters, kritisieren Kraftwerkgegner. Bei allen anderen noch in Deutschland laufenden AKW, so Forum-Sprecher Kamm, "werden die Abklingbecken zumindest durch die Sicherheitsbehälter zusätzlich geschützt". Neben der Sorge vor Großunfällen warnen die Kritiker vor Terroranschlägen, denen das Lager nicht standhalten könne. Auch aus diesem Grund soll das Zwischenlager jetzt mit zusätzlichen Mauern an den Längsseiten der Lagerhalle geschützt werden: Höhe zehn Meter, Länge 105 Meter, Stärke 85 Zentimeter. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat den Antrag, der bereits vor drei Jahren gestellt worden war, vor wenigen Tagen atomrechtlich genehmigt. Nur noch der baurechtliche Segen des Günzburger Landratsamts steht aus.
Mittlerweile sind im Block B alle acht Messlanzen ausgetauscht und die 784 Brennelemente überprüft worden. Im November hatte es einen Hinweis auf einen Brennelemente-Defekt gegeben. Am vergangenen Dienstag (21. Januar 2014) ließ die Kraftwerksleitung Block B wieder hochfahren. 2017 soll er endgültig vom Netz gehen, Block C als einer der letzten deutschen Atomreaktoren vier Jahre später.
3 Kommentare verfügbar
Michael Meissner
am 23.01.2014