Dunkelblau leuchtet der fingernagelgroße Skarabäus aus Lapislazuli in der Vitrine. Seit Jahrhunderten ist er als Schmuck begehrt, schon die Totenmaske von Tutanchamun wurde mit dem Stein verziert, in den Siebzigern trugen Hippies Halsketten und Armreife mit eingelassenem Lapislazuli, nicht selten gekauft auf spirituellen Busreisen durch Südwestasien. Annette Krämer, Leiterin der "Orient"-Abteilung im Lindenmuseum, steht vor dem kleinen Käfer und begutachtet ihn. "Bis vor wenigen Jahrhunderten kam fast der gesamte weltweite Lapislazuli aus Badakhshan", der nordöstlichen Region in Afghanistan, erzählt die promovierte Islamwissenschaftlerin. Wissen würden das aber nur wenige. Darum sei der Schmuck-Krabbler auch ein so gutes Beispiel, wie verbunden viele unbewusst mit Afghanistan sind.
Diese Verbindungen gehen weit zurück. 1914 wurde eine deutsche Delegation nach Kabul gesendet, um dort zum "Dschihad" gegen das britische Protektorat aufzurufen. 1916 kam es zum Freundschafts- und Handelsvertrag zwischen Deutschland und Afghanistan, auch mit dem Ziel, England während des ersten Weltkriegs in der Region zu schwächen. In den zwanziger Jahren zogen dann viele Menschen aus Deutschland wegen hoher Arbeitslosigkeit nach Afghanistan, um dort zu arbeiten. Auch aus Stuttgart. 1923 gründete sich die Deutsch-Orientalische Handelsgesellschaft, im gleichen Zeitraum halfen viele deutsche Ingenieure beim Bau von Wasserstraßen und Staudämmen.
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Philipp Horn
am 12.03.2024