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Vom ollen Top zum Lieblingsteil

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 Fotos: Joachim E. Röttgers 

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Datum:

Die schnelle Klamotte belastet Mensch und Umwelt. Für den korrekten ökologischen Fußabdruck ist Fast Fashion pures Gift. Die Ökokrieger des Umweltkreises der PH in Karlsruhe kämpfen für nachhaltiges Leben auf dem Campus. Bei der Kleidertauschbörse wühlen sich zahlreiche Studis durch Berge an Blusen, Leggins und andere feine Stöffchen.

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Als Phillip Bengel an die Pädagogische Hochschule Karlsruhe kam, lag da einiges im Argen: Die Fenster standen offen, während die Heizung lief, in Druckern und Kopierern lag definitiv kein Recycling-Papier, und der Kaffeeautomat pullerte unfaire Plörre, und das auch noch in Plastikbecher. An der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, an der Bengel zuvor studiert hat, kostet der Kaffee sogar weniger, wenn man seine eigene Tasse drunterstellt.

"Ganz viel, was an meiner früheren Hochschule einfach selbstverständlich ist, gab es hier nicht", sagt Bengel, 27 Jahre alt, mit einer neongrünen Lunge aus verwinkelten Ästen auf dem Shirt. Und weil ihm das in der Seele wehtat, scharte er rund 20 Leuten um sich, mit denen er den PHUK eröffnete, den "Umweltkreis der PH".

Der trifft sich seitdem alle zwei Wochen, sein Ziel ist ein nachhaltigeres Leben auf dem Campus, er organisiert Events, die aufrufen sollen, über Konsum und Verbrauch nachzudenken, mal einen Filmabend, einen Stand mit fairer heißer Schokolade oder einen Diskussionsabend mit Vortrag. Kürzlich: "Wen essen wir? Und wen nicht? Und warum eigentlich?"

Gemeinsam mit der Heinrich Böll Stiftung habe Bengel und sein Team vor wenigen Tagen einen Abend gestaltet, bei dem sich alles um Kleidung drehte. "Die Schattenseiten der Fast Fashion" – wie sehr die schnelle Klamotte Mensch und Umwelt belastet, mit einer Filmvorführung und Kleidertauschbörse. Jeder Besucher konnte bis zu zehn Kleidungsstücke abgeben und dafür zehn neue mitnehmen. Da gab es Ringeljacken, Grobstickpullis, ein brauner Cordanzug hing an einer Stange, daneben ein schräges Rüschenkleid, es gab luftige Blümchenblusen, beige Poloshirts, Röcke aus Strick und solche mit Pailletten, Overknee-Stiefel, Römersandalen, grobe Leinen, feine Stöffchen, Titus, Zara, Hilfiger, Puma, alles, was das Herz begehrt. "Hatten wir nicht irgendwo schon Leggins?", fragt eine junge Frau aus dem Off hinter einem Klamottenberg hervor. "Ich glaub, die Kleiderbügel sind alle", sagt eine andere.

Philipp Bengel steht dazwischen und sieht zufrieden aus. "Es geht darum, Anregungen zu geben und Lust zu machen, bewusster zu leben", sagt er. "Wie schaffen wir es, mit weniger Plastikmüll auszukommen? Sind wir uns bewusst, was Kleidung bedeutet?" Er möchte das, was er sich im Studium oder in allerlei privaten Experimenten über ein grünes Leben erarbeitet hat, weitergeben. Damit jeder ein wenig mehr auf seinen ökologischen Fußabdruck achtet.

Die Geschichte seines Engagements ist irgendwie auch die seines Lebens. Er hat sie sich auf den rechten Arm tätowieren lassen. Oben einen Totenkopf, für den Menschen, der die Welt zerstört. Darunter eine Erdkugel, die eine Träne verliert. Auf dem Unterarm räkelt sich Mutter Gaia, die Erdmutter der griechischen Mythologie, eine wohlgeformte Nackte mit keckem Busen und wildem Haar, das sich an seinen Spitzen zu undurchdringlichem Blattwerk flicht. Durch all das Gute und Böse führt ein verschlungener Weg. Ein winziges Männchen geht ihn entlang. "Das bin ich", sagt Phillip Bengel.

 

Info:

Weitere Termine für Filmvorführungen sind der 2. 3., 3. 3. um 19 Uhr und 8. 3. um 21.15 Uhr in der Kinemathek Karlsruhe.


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