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Einmündung der innerstädtischen Neckararme: Solche Holzplanken gibt es mehrfach in Esslingen. Sie sind "bei Nässe katastrophal", sagt Jan Lutz, er habe schon öfters ältere Personen ausrutschen sehen.
Radweg auf eigene Gefahr: Die Ersatzstrecke auf dem Neckardamm führt durch das Betriebsgelände der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung.
… ist die Qualitätsradroute an dieser Stelle doch nur eine Schotterpiste. Bei feuchter Witterung wird der Lehm glitschig.
Nun die umgekehrte Richtung, von Stuttgart nach Esslingen: der halb zugewucherte Radweg auf der Werkstraße 90.
Schilderwald. Sicher erscheint nur, dass der Neckartal-Radweg an dieser Stelle für Radfahrer gefährlich ist.
Umleitung: Zwischen Ober- und Untertürkheim ist der Radweg entlang der Eisenbahnstrecke plötzlich nicht mehr befahrbar. Ein paar Bretter über die Stufen der Behelfs-Unterführung – das muss für Radfahrer genügen.
In der Nähe des Untertürkheimer Bahnhofs wird es eng. Aber wegen Stuttgart 21 soll der Radweg ab Mettingen für die nächsten sieben Jahre sowieso über die Augsburger Straße umgeleitet werden.
So kennen die Stuttgarter ihre Radwege. In der Augsburger Straße zwischen Esslingen-Mettingen und Untertürkheim sollen künftig nicht nur Radfahrer verkehren, sondern auch 120 Lkw täglich den Aushub von Stuttgart 21 abtransportieren.
Hier im Benzviertel reicht das Untertürkheimer Daimler-Werk bis direkt an den Neckar heran. Im rechten Winkel biegt der schmale Pfad, den sich Radfahrer und Fußgänger in beide Richtungen teilen müssen, um die Kante des Fabrikgebäudes.
Seit sechs Jahren pendelt Jan Lutz, Inhaber eines kleinen, ökologisch orientierten Designbüros, mit dem Fahrrad zwischen Esslingen und Stuttgart. Täglich. Bei jedem Wetter, zu jeder Jahreszeit. Seit 2007 hat er sein Büro in Stuttgart-Mitte. Am 18. Januar 2009 hielt er es nicht mehr länger aus: Er wollte unterwegs sein, ohne die Umwelt zu belasten, aus eigenem Antrieb. Seitdem fährt er jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit, morgens zwanzig Kilometer hin, abends zwanzig Kilometer zurück.
"In Stuttgart wird man als Radfahrer verdächtigt, entweder Arbeitsloser, Alkoholiker oder Kommunist zu sein", sagt Lutz. Einiges hat sich bereits verändert: Heute radeln im Winter so viele wie 2009 im Sommer, schätzt er. Allerdings müssen sie einiges ertragen: "Jeden Tag wird man angeschrien, geschnitten, mit Wischwasser besprudelt." Die Infrastruktur befindet sich in schlechtem Zustand. Lutz schrieb Briefe an Bürgermeister und Fahrradbeauftragte. Doch es kam keine Reaktion. "Und dann habe ich relativ schnell bemerkt, dass das ein emotional besetztes Feld ist." Rumstreiten half nicht. Er begann Fakten zu sammeln.
Einmal im Nieselregen an der B 10 kam ihm die Idee, die gesammelten Studien und Fakten ins Netz zu stellen. Schließlich ist er Webdesigner. Es entstand der Blog Carl vs. Karl. Carl steht für Carl Benz, das Automobil, Karl für den Fahrraderfinder Karl Drais. Eine Fundgrube. Fahrradbeauftragte und Politiker, die tatsächlich etwas für Radfahrer tun wollen, sollten hier nachsehen. Vier Jahre lang erhielt Lutz dafür im Rahmen der Ideen Initiative Zukunft eine Förderung des Drogeriemarkts dm und der Deutschen Unesco-Kommission.
Seit einigen Jahren betreut er zusätzlich die Facebook-Seite von Critical Mass Stuttgart. "Critical Mass ist eine weltweite Fahrradbewegung mit dem Ziel, eine Alternative zum motorisierten Individualverkehr aufzuzeigen", definiert die Initiative. Einmal im Monat besetzen Radfahrer die Straßen, ganz legal, denn Gruppen ab 15 Radlern dürfen im Pulk fahren, eigentlich jederzeit ohne Anmeldung. In Stuttgart ist dies jedoch nur mit Polizeischutz möglich. Seit Jan Lutz die Seite betreut, ist die Zahl der Teilnehmer ständig gestiegen.
Als "sozialer Innovator" ist er nun auch eingeladen, an dem dreijährigen "Reallabor für nachhaltige Mobilitätskultur" der Universität Stuttgart teilzunehmen. "Akteure der Zivilgesellschaft werden als Mitforscher in den Prozess des Wissenserwerbs, der Generierung von Forschungsdaten und Entwicklung von Szenarien und Pilotprojekten eingebunden", erklärt Antje Stokman, Leiterin des Instituts für Landschaftsplanung und Ökologie.
Auf dem täglichen Radweg von Jan Lutz hat sich nicht viel verbessert. Im Gegenteil. Kontext-Fotograf Joachim E. Röttgers hat ihn von Esslingen nach Stuttgart begleitet.
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6 Kommentare verfügbar
Walter
am 02.04.2015https://www.facebook.com/neckartalradweg/photos/a.811023295641000.1073741830.544943995582266/811024315640898/?type=1&theater
Schwabe
am 20.03.2015In diesem dummdreisten Sinne geb ich die 4 Sterne doch glatt an die CMT als Veranstaltung zurück.
Ulrich Frank
am 18.03.2015Sinnvoll war zweifellos die Verbreiterung des Weges beim Daimler-Parkhaus in Untertürkheim wo jahrzehntelang sich Fußgänger und Radfahrer aneinander vorbeiquetschen mußten. Radfahrer/In wurde bis dahin auf den holprigen Neckartalweg auf der Seite der B10 verwiesen - eine insbesondere bei Dunkelheit unzumutbare Lösung weil die auf der Bundesstrasse entgegenkommenden Fahrzeuge mit ihren Scheinwerfern eine enorme Blendwirkung entfalten so daß der nicht ganz gerade Weg zwischen den Büschen kaum sichtbar ist.
Zum vollkommenen Überfluß wurde dann allerdings vor ca. 2 Jahren auf der Daimlerseite (neben der Teststrecke) eine LED-Beleuchtung des Weges eingerichtet: kropfüberflüssig da der Weg mit Fahrradscheinwerfern gut auszuleuchten ist. Die Beleuchtung wäre auf der Seite der B10 viel sinnvoller gewesen. So wird mittlerweile die - verbliebene - Vegetation via Lichtverschmutzung dauerhaft angeleuchtet auf einem Weg der nachts wenig und wenn dann von Radfahrern benutzt wird.
Auch innerhalb Stuttgarts wäre eine prüfende Präsenz vor Ort des Herrn Claus Köhnlein - und nicht nur am Schreibtisch - wünschenswert. Vor längerer Zeit telefonisch (mit x Versuchen) darauf angesprochen daß nach vor einigen Jahren an der Kreuzung Nordbahnhofstrasse/Rosensteinstrasse stattgehabten Umbauarbeiten der von der Wolframstrasse heraufschnaufende Radfahrer/In plötzlich via Wegemarkierung auf die Auto-Fahrbahn gezwungen wurde, hinter und in den Autoverkehr vor eine Ampel wo er/sie zuvor per Beschilderung auf dem kombinierten Geh-Radweg bleiben konnte und nach der Kurve direkt auf dem markierten Radstreifen an der Rosensteinstrasse war, bekam der Anrufer die Fahrradbeauftragten-Fantasie einer angebrachten entsprechenden Markierung zu hören wo in Wirklichkeit nur eine eindeutig auf die Autospur weisende Bahnmarkierung und Rampe vorhanden und das "Fahrrad frei" Zeichen weggelassen worden war.
Einmal davon abzusehen daß es an dieser Stelle zuvor schon der Sache des Radfahrens nicht sachdienlich war von einem Stuttgarter Autostadt-Polizeibeamten trotz eben vorhandenen "Fahrrad frei"-Zeichens zunächst dumm angemackert zu werden weshalb man denn auf dem Gehweg fahre - von einem Beamten dessen Kollegen Tag für Tag, wie Graf Cox im Wagen sitzend und vorbeifahrend, ignorierten wenn der Geh- und Fahrradweg vor dem damaligen Bistro bzw. der Unternehmensberatung in einem fort zugeparkt war.
Radverkehr wird in Stuttgart, der Autostadt, nach wie vor wesentlich als Hobbybetätigung und nicht als ernstzunehmende Fortbewegungsart wahrgenommen. Ein paar Beschilderungen reißen die Sache nicht heraus.
Zu erwähnen wäre auch daß das mittlerweile gesamthaft zum Radweg gemachte Stück von Untertürkheim nach Cannstatt auf der Daimlerseite nicht nur teilweise unnötig ausgeleuchtet ist sondern von Jahr zu Jahr, aufgrunde der andauernden und zudem schlampig ausgeführten massiven Abholzungsarbeiten (im letzten Monat wieder ein Dutzend oder mehr Bäume und der gesamte Bewuchs direkt am Wasser) immer HÄSSLICHER wird - und dies trotz einer angeblich GRÜNEN Stadtregierung und eines Herrn Kuhn.
Was vor 20 Jahren noch eine durchgehende Allee war wandelt sich kontinuierlich zum versäbelten Gehölz-Wurschtelkabinett. KEINE EINZIGE Nachpflanzung in den letzten 20 Jahren - da braucht der Herr Schirner nichts zu behaupten. Baumstummel ragen hervor, noch mit Markierungsfarbe verschmiert. An anderen Gewächsen an denen sich zu vergreifen man vergaß (oder dazu keine Zeit mehr hatte), prangt ebenfalls noch die pinke aggressive Markierfarbe. Anderweitig wird man fürs Markieren bestraft von Vertretern des hiesigen staatsanwaltlichen Lotterladens.
Verfasser dieses Kommentars hat es mitterweile aufgegeben wegen Mißständen mit vor sich hin privatisierenden bzw. duddelnden Stuttgarter Behördenvertretern - oder Politikern - Kontakt auzufnehmen und sich faule Ausreden und ad-hoc Erfindungen anzuhören.
Vera***n kann man sich ja auch selber.
Paule
am 18.03.2015FernDerHeimat
am 18.03.2015Und das Elend setzt sich "konsequent" fort, wenn man vom Neckar entlang der Fils radelt. Die Politik diverser Gemeinden an diesem Fluss ist scheint's immer noch einzig auf die Wünsche der Industrieanlieger fixiert. Da ist die Sicherheit der Radfahrer völlig irrelevant.
Wolfgang Claar
am 18.03.2015