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Die grün-schwarze Landesregierung

Im Realitätstest

Die grün-schwarze Landesregierung: Im Realitätstest
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Bei der Umsetzung zentraler Themen hinkt Baden-Württembergs Landesregierung ihren Ankündigungen hinterher. Alleingänge der Schwarzen sind an der Tagesordnung und die Grünen sind gut beschäftigt mit eigenen Fehlern.

Viele Versprechen aus dem gemeinsamen Sondierungspapier vom Frühjahr 2021 bleiben bislang unerfüllt. Dabei war dieses Dokument für die Union die Eintrittskarte in die neuerliche Koaition. Worauf es ankommen soll bis 2026 steht, also schwarz auf weiß da zu lesen. Und reicht vom Ausbau der Erneuerbaren Energien über Garantien für den ÖPNV bis zur Umverteilung von Lehrkräften zugunsten der Schulen an sozialen Brennpunkten. "Wir setzen dabei auf Vertrauen, Verlässlichkeit und die Fähigkeit, in die Breite der Gesellschaft hineinzuwirken", hoffte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), für den die Verankerung der CDU in Kreisen und Kommunen mit den Ausschlag gab, das alte Bündnis fortzusetzen, anstatt die allseits erwartete Ampelkoalition mit SPD und FDP zu schmieden.

Ausgabe 599, 21.09.2022

Läuft nicht so mit der Regierung

Von Johanna Henkel-Waidhofer

Klimaschutzgesetz, Gender und Bleiberecht, Winfried Kretschmanns Waschlappen oder Bildungsvergleiche: Die Landesregierung hat gerade keinen Lauf. Zu viele Themen sind strittig, zu viele Vorhaben kommen nicht voran. Und die Grünen sind zunehmend unter Druck.

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De facto sind die ungleichen Partner nun allerdings wieder in dem Zustand, für den Kretschmann schon 2016 beim ersten grün-schwarzen Experiment den Begriff Komplementärkoalition erfunden hat. Unter dieser Überschrift sollte jede Seite ihre Projekte vorantreiben dürfen, um im Idealfall ergänzend auf unterschiedliche Weise zu einem gemeinsamen Ziel zu kommen. Gerade bei zentralen Themen stehen sich aber schon die Ansätze im Weg. Bestes Beispiel dafür ist die Energiewende, in der die CDU vorrangig auf stimulierten Erfindergeist setzt statt auf Verbote und vermeintlich marktwidrige Eingriffe, die sie den Grünen zuschreibt. Sogar Ideen wie die, innerdeutsche Dienstreisen vom Flugzeug auf die Bahn umzulenken, schüren den Widerspruchsgeist. Und entgegen aller Planungen musste Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) die Ausarbeitung wesentlicher Einzelteile des Klimaschutzgesetzes ins nächste Jahr verschieben.

Zur Wahrheit 2022 gehört aber auch, dass das Kabinett Kretschmann III das Bundesland bisher einigermaßen geräuschlos durch die großen Krisen navigiert hat. Stabilitätsfaktor Nummer eins ist der Ministerpräsident. Konsequent steht er zu seinem seit Monaten in der Bredouille steckenden Vize Thomas Strobl, obwohl der Innenminister einen Untersuchungsausschuss am Hals hat. Und im Bedarfsfall schleift Kretschmann wichtige Beschlüsse wie den zum Atomausstieg am Jahresende. An solcher Beweglichkeit könnten sich Schwarze zuweilen ein Beispiel nehmen, etwa beim Thema Tempolimit. Was sie aber natürlich nicht tun, weil sie Ideologie bibelwidrig immer nur als Balken im Auge von anderen wahrzunehmen pflegen.

Eben erst verabschiedet ist ein Doppelhaushalt für die Jahre 2023 und 2024 im Volumen von stattlichen 123 Milliarden Euro. 3,7 Milliarden sind als Rücklagen für noch schwierigere Zeiten angelegt. Die Verteilung der Gelder wird mit Gradmesser dafür sein, wie die Koalitionspartner weiter zusammenarbeiten wollen und können. Die Ära des großen Grünen geht langsam zu Ende. Es braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass CDU-Strateg:innen darauf erpicht sein werden, diesen Umstand bestmöglich für die eigene Partei zu nutzen. Bei Wahlen und anderen günstigen Gelegenheiten ...


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1 Kommentar verfügbar

  • Christian Kümmerer
    am 28.12.2022
    Antworten
    Hallo liebes Redaktionsteam. Was mir in diesem Zusammenhang noch auffällt ist die komische Geschichte zum bürger*innen begehren Bienen-bzw. Artenschutz. Dieses wurde vom "Minischderbräsident" abgebügelt mit dem Hinweis das Arten-und Bienenschutz quasi "Chefsache" und urgrünes Anliegen sei, es ergo…
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