Aus Pietätsgründen, schrieben die Zeitungen, sei die ursprünglich für Montag, den 7. September geplante Schönbuch-Begehung verlegt worden auf den folgenden Freitag. So lange musste das Waldsterben warten, erzielte aber danach mehr Aufmerksamkeit, weil das Thema mit dem emotional aufgeladenen und medial üppigst aufbereiteten Unfall des Ministerpräsidenten auf der Autobahn verknüpft war. Mehrere MitarbeiterInnen des Südwestrundfunks und der Chefredakteur des "Schwäbischen Tagblatts", Gernot Steger, hatten den Weg in den Forst gefunden.
Eingeladen hat Boris Palmer, 48, auf den Kretschmann große Stücke hält, die noch größer würden, wenn er gelegentlich die Klappe halten würde. Diesmal hört Kretschmann dem mit dem Pedelec gekommenen Jüngeren schweigend zu. Der Tübinger Oberbürgermeister sorgt sich um seinen Stadtwald und fragt, ob unsere Kinder hier noch wandern und radfahren können, ob der Wald als Heimat für Pflanzen und Tiere noch gerettet werden könne? Er tue seins dazu, sagt der Grüne, indem er die Stadt bis 2030 klimaneutral mache und die Häuslesbesitzer zwingen will, ihre Dächer mit Solarzellen zu decken. Allerdings bräuchte er dafür ein gesetzliches Go der Landesregierung. Ihr Chef guckt kurz hoch und sagt, man werde das wohlwollend prüfen.
Minister Hauk plädiert für Kirsche und Nüsse
Hört man dem Chef des Stadtwaldes, Thomas Englisch, zu, dann bleibt dafür nicht mehr viel Zeit. "Sie stehen hier vor toten Buchen", warnt der Revierleiter, "die im Frühjahr noch grün waren." Dürre und Hitze plagen die Bäume, deren Wurzeln in der trockenen Erde reißen und deren Kronen der Sonne nicht mehr standhalten. Englisch ist kein Alarmist, auch kein Förster mit Gamsbarthütchen, eher der Typ TÜV-Ingenieur, der nüchtern seinen Schadensbericht vorträgt, die Zahlen auf einem Klemmbrett notiert. Wenn so einer sagt, hier gingen die Bäume von sechs Förstergenerationen vor die Hunde, in zwei Jahren vom Klimawandel "kaputtgemacht", dann kann man seine "innere Wut" über diese "zermürbende Bilanz" zumindest erahnen. Englisch wird im November 30 Jahre Schönbuch auf dem Buckel haben. Er bittet darum, nicht mit einem "horizontalen Blick" die Wege entlang zu wandern, sondern immer mal wieder nach oben zu schauen.
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Josef Tura
am 19.09.2020