Rüdiger Stihl stand Zeit seines Unternehmerlebens im Schatten seines Bruders. Es war immer der einige Jahre ältere Hans Peter, der die Firma aus dem schwäbischen Waiblingen, heute Weltmarktführer von Motorsägen, repräsentierte. Letzterer brachte es auch als einflussreicher Arbeitgeberpräsident zu mehr Bekanntheit. Rüdiger dagegen führte zuletzt den Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie (APM). Beide zusammen schafften es, ihr Familienunternehmen, das 2016 sein 90-jähriges Bestehen feierte, zum Weltmarktführer von Motorsägen zu machen. Die kreischenden Gerätschaften bringen heute nicht nur Urwaldriesen in Amazonien und Indonesien zu Fall. Sie gelten als Lifestyle-Produkt.
Vor Jahren schon haben sich die beiden Brüder aus Altersgründen aus ihrem Unternehmen zurückgezogen. Jetzt sorgt Rüdiger Stihl aus dem Nichts für Aufsehen. Indem er ein altes heißes Eisen anpackt: den Nordost-Ring, ein heftig umstrittenes Straßenprojekt nördlich von Stuttgart. Der Firmenpatriarch, heute 77 Jahre alt, will, dass nach jahrzehntelangem Für und Wider endlich die Bagger anrücken. Damit die täglichen Staus in der Region, in denen auch Stihl-Laster stecken, ein Ende haben. Freilich ohne eine Asphaltschneise der Verwüstung im letzten unverbauten Landschaftsraum des dicht bevölkerten Speckgürtels zu hinterlassen. Das unterscheidet Stihl von anderen Nordost-Ring-Verfechtern.
Was einer Quadratur des Kreises gleichkommt, hat der Unternehmer gemeinsam mit Hermann Grub erdacht. Der renommierte Landschaftsarchitekt, heute 80 Jahre alt, machte sich einen Namen durch Umgestaltungskonzepte für städtebauliche Probleme. 2010 unterbreitete er zusammen mit Ehefrau Petra Lejeune den Vorschlag, den Mittleren Ring in München im Bereich des Englischen Gartens in einen Tunnel zu verlegen und damit die Wiedervereinigung des Gartendenkmals zu ermöglichen. Im Juli 2017 hat der Stadtrat der Landeshauptstadt München einstimmig beschlossen, das Projekt umzusetzen.
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Christian Hehn
am 24.02.2020