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Lehren aus dem NSU-Ausschuss

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Das wär' doch mal was: Würde die Landesregierung mit den Empfehlungen des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses ernsthafter umgehen als mit jenen des ersten, hätte das ganze Land etwas davon. Eine gestärkte Demokratie zum Beispiel.

"Wir sind alle gefordert", bilanziert der CDU-Obmann im Ausschuss, Arnulf von Eyb. Beim Thema rechte Musik will er gar "in einen Abgrund" geblickt haben. Mit allen meint der Christdemokrat die Schulen, Eltern, Verwandte, Parteien, Verbände, Kirchen, Vereine, aber auch die Medien, "um junge Menschen vor dem Abdriften zu schützen".

Ein zentrale Frage des zweiten Gremiums war, neben der Ermordung von Michèle Kiesewetter im April 2007 in Heilbronn, wie und wodurch rechtsradikale Tendenzen mitten im gesellschaftlichen Leben angekommen sind, auch im reichen Baden-Württemberg. Im Punkt Kiesewetter/Theresienwiese sind die Einschätzungen des ersten Ausschusses bestätigt. "Die NSU-Terroristen Mundlos und Böhnhardt haben die junge Polizistin auf hinterhältigste Weise ermordet und ihren Kollegen schwer verletzt", so der SPD-Obmann Boris Weirauch in der Debatte des fast 1300 Seiten starken Abschlussberichts am letzten Plenartag des Jahres.

Soldat in Afghanistan mit Kindern

Fehlsichtigkeit korrigieren

Ausgabe 401, 05.12.2018
Von Johanna Henkel-Waidhofer

Die Zweifel werden bleiben. Daran können auch 1300 Aktenordner in 60 Regalmetern oder 121 Stunden Vernehmungen des zweiten NSU-Ausschusses nichts ändern. Immerhin wird dem Rechtsextremismus der Kampf angesagt. Endlich.

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Deutlich breiteren Raum nahmen deshalb aktuelle Entwicklungen ein. Im vergangenen Jahr habe es bundesweit 1130 rechts motivierte Gewaltdelikte gegeben, im Land immerhin 45, erinnerte der Vorsitzende beider Ausschüsse, Wolfgang Drexler. Das Ende des NSU "könnte durchaus ein neuer Anfang sein". Und Weirauch ging noch weiter: "Wir erleben aktuell ein politisches Klima, in dem der Generalbundesanwalt quasi im Wochentakt rechtsradikale Terrorgruppen aushebt, der rechtsradikale Mob sich wieder auf die Straßen traut und darüber hinaus mit der AfD seinen guten Resonanzraum auch in die Parlamente erweitert hat."

Jedenfalls unternimmt die "Alternative für Deutschland" nichts – die angeblich so vielen angeschobenen Parteiausschlussverfahren hin oder her –, um diesen Eindruck nachhaltig zu erschüttern. In der Abstimmung über die Forderungen und Empfehlungen an die Landesregierung wurden ausgerechnet entsprechende Ideen abgelehnt. AfD-Abgeordnete sind gegen eine Verschärfung der Regelungen für den Waffenbesitz von Rechtsextremisten und ebenso dagegen, grundsätzlich keine einschlägigen Autokennzeichen mehr zu vergeben. Bekanntlich sind, auch kein kleiner Skandal, bisher in Baden-Württemberg Buchstabenkombinationen wie KZ, SA, SS, HJ oder NS nicht verboten. Ebenso wenig die Zahl 88, die Nazis entsprechend der achten Stelle des Buchstabens H im Alphabet als Verschlüsselung für "Heil Hitler" nutzen.

Ohnehin ist die Haltung der AfD zur Arbeit im Ausschuss wenig stringent. Obfrau Christina Baum stimmte dem Abschlussbericht inhaltlich zu, kritisierte aber zugleich die Ergebnisse scharf. Ihre Fraktion sei von Anfang an ausgegrenzt worden. Grüne, CDU, SPD und FDP hätten nur eigene politische Ziele verfolgt. Entgegen allen parlamentarischen Gepflogenheiten will die AfD einen eigenen Abschlussbericht veröffentlichen, nicht im Parlament, sondern auf ihrer Homepage.

Für Drexler gingen nicht nur – beide Ausschüsse zusammengerechnet – mehr als drei Jahre mit dem NSU zu Ende, sondern auch drei Jahrzehnte Landespolitik. Der 71-Jährige nimmt zum Jahresende seinen Abschied als Landtagsabgeordneter. Nicht ohne einen eindringlichen Appell an die Adresse der AfD, aber vor allem an die "vier demokratischen Fraktionen": Rassismus habe nichts verloren im Landtag, sagte er, das habe das Ende der Weimarer Republik gelehrt, als von Nationalsozialisten systematisch versucht worden sei, das Parlament "kaputtzumachen, zu verleumden, zu diskreditieren, zu beleidigen." Genau dies habe Baden-Württemberg vergangene Woche aber erlebt, als zwei AfD-Politiker nach ihrer Weigerung, der Präsidentin Folge zu leisten, von der Polizei aus dem Saal begleitet wurden. Drexler wörtlich: "Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich das hier einmal erlebe." Es habe sich gezeigt, wie wichtig die Stärkung der Demokratie und ihrer Institutionen sei.


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8 Kommentare verfügbar

  • Charlotte Rath
    am 02.01.2019
    Antworten
    „Landtag von Baden-Württemberg legt zweiten Abschlussbericht zum Polizistenmord in Heilbronn vor … Auch die zweite Arbeitsbilanz ist ein Dokument über sich selbst: die Unterordnung eines Parlamentes unter den Sicherheitsapparat.“
    Der So-tun-als-ob-Untersuchungsausschuss - von Thomas Moser in: …
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