Was ein 25-Euro-Amazon-Gutschein so alles bewirken kann. Er reicht jedenfalls aus, um durch die Bundespolizei 300 Testpersonen anzuwerben und sie dazu zu bringen, 25 Mal in den gut fünf Monaten bis zum ursprünglich geplanten Ende dieses Versuchs einen speziellen Bereich im Berliner Bahnhof Südkreuz zu passieren. Dort wird mit Hilfe dreier Kameras eine neue Form der Gesichtserkennung erprobt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) stellt sich vor, dass künftig Bilder "beispielsweise von einem flüchtigen Terroristen" erfasst werden und dann "ein Alarm eingeht, wenn sie irgendwo auftauchen".
Wie so oft auf diesem heiklen Terrain sind wichtige Einzelheiten ungeklärt. Schon im Herbst 2001, als Baden-Württembergs Innenminister Thomas Schäuble (CDU) unter dem Eindruck von 9/11 seine Forderung nach einer Rasterfahndung im Land durchgesetzt hatte, blieben viele Fragen offen. 100 bis 200 Muslime stufte er als Schläfer und gewaltbereit ein. Gerastert wurde auch an Unis, auf der Suche nach ledigen Technikstudenten im Reisefieber und ohne Geldsorgen, zum Beispiel. Das Verfahren war erprobt seit den 1970ern, als die "Rote Armee Fraktion" ihre Blutspur durch die Republik zu ziehen begann. Ein Ziel damals war, Mietwohnungen mit unüblichem Strom- und Wasserverbrauch und bei den Versorgern in bar bezahlten Rechnungen herauszufiltern.
Damals wie heute bloß innenpolitisches "Scharfmacher"-Kalkül
Spektakuläre Ergebnisse blieben aus. Ein leeres Apartment wurde als RAF-Quartier enttarnt, in einem anderen ein Unterstützer verhaftet. Vor allem aber zeichnete sich bereits vor 40 Jahren ab, dass der Aufwand zur Datenerfassung und -überprüfung höher und höher wuchs. Im Juli 2002 präsentierte Schäuble seine erste Zwischenbilanz: Von Schläfern keine Spur, aber 34 Kriminelle gingen den Behörden ins Netz. "Insgesamt ist bei der großangelegten Rasterfahndung infolge des 11. September 2001 nicht allzu viel herausgekommen", räumt er im Winter 2004 ein. Für (Ver-)Schärfer des innenpolitischen Markenkerns "Scharfmacher" waren das bewegte Zeiten. Denn das Bundesverfassungsgericht kassierte damals ebenfalls wesentliche Bestandteile des sogenannten Großen Lauschangriffs. Auf Druck von Union und FDP war er am Fuße des Bundestagswahlkampfs mit Hilfe einer SPD-Mehrheit im Parlament ermöglicht worden. Im Jahr nach der Umsetzung des Höchstrichterspruchs gab es im ganzen Bundesgebiet gerade noch drei Fälle akustischer Wohnraumüberwachung.
4 Kommentare verfügbar
Wolfgang Zaininger
am 03.09.2017"Schaut Euch diese Typen an!"
Möchtet Ihr die als Nachbarn oder Hausmeister haben?