Die Linke in Deutschland ist aber nicht so sexy wie Wirtschaftsminister Yanis Varoufakis, der mit dem Rucksack einreist.
Wir haben Sarah Wagenknecht, Gregor Gysi und Katja Kipping, die mit dem Fahrrad vorfährt.
Neben dem Politrocker Varoufakis kommen Sie eher wie Peter Maffay daher.
Aber hallo, ich habe mehr Streiks geführt und war öfter auf der Straße als die alle zusammen. Und vergessen ist womöglich, dass Bodo Ramelow als Gewerkschafter viele Streiks angeführt hat. Heute ist er Ministerpräsident in Thüringen. Aber es stimmt schon: Wir könnten durchaus frecher, schwungvoller und selbstbewusster auftreten. Noch mehr gegen den Strom schwimmen. Dafür sprechen auch unsere Zahlen in den Umfragen. An diesem Außenbild müssen wir noch arbeiten. Eine solche Außendarstellung ist allerdings auch abhängig von gesellschaftlichen Bewegungen, die sie tragen. Davon sind wir in Deutschland noch ein bisschen entfernt.
Womöglich ein bisschen sehr weit.
Wir müssen eben der Motor sein für einen solchen Wechsel. Es hilft nicht, die Verhältnisse immer nur anzuklagen, wir müssen auch den Willen zum Ausdruck bringen, sie zu verändern. Da ist zum Beispiel die lateinamerikanische Linke schon weiter. Wir starten am 1. Mai eine mehrjährige Kampagne, die zentrale Themen aufgreift: Mindestsicherung statt Hartz IV, Leiharbeit und Befristung stoppen, Arbeit umverteilen statt Dauerstress und Minijobs, bezahlbares Wohnen, mehr Personal in Pflege und Erziehung. Damit decken wir ein Feld ab, von dem ein Drittel der Bevölkerung direkt betroffen ist.
Und das alles gegen eine große Koalition aus CDU und SPD und Kapital.
Gegen eine alte Elite, dir mir ziemlich verstört erscheint nach den Auftritten der Griechen. Wolfgang Schäuble und Angela Merkel verkörpern Erstarrung, Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis Aufbruch. Ich glaube schon, dass die Kanzlerin und ihr Finanzminister spüren, in welchem Dilemma sie sich befinden. Wenn sie ihre unsägliche Austeritätspolitik fortführen, wenn sie als führende Hegemonialmacht die Interessen der anderen ständig mit Füßen treten, werden sie grandios scheitern. Es ist doch so: Lassen sie die Griechen an die Wand fahren, wird der Aufstand noch größer, lassen sie ihnen Spielräume, kommen die anderen und sagen "Geht doch". Italien, Spanien, Frankreich werden dann die Nächsten sein.
In der deutschen Regierung sitzt aber auch noch die SPD.
Griechenland wäre eigentlich ein Elfmeter für die Sozialdemokratie. Sie könnte ihren Keynes wieder aus der Schublade holen, nicht um die Banken zu retten, sondern um die Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Das wäre ein klassisches Modernisierungsprojekt für die SPD. Aber sie spielt lieber Troika, weil sie keine soziale Idee mehr hat, kaum noch unterscheidbar ist von neoliberalen Parteien. Sie setzt der sozialen Erosion nichts entgegen, betreibt stattdessen Klientelpolitik für Gruppen, denen es eher noch gut geht.
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Ulrich Frank
am 16.02.2015