Inzwischen ist die Kontext-Petition auch Thema in Berlin. Sie hat einen in Gregor Gysi, Chef der Linksfraktion im Bundestag, einen prominenten Fürsprecher gefunden. Er unterstützt die Aktion gegen Postengeschacher beim Staatskonzern. "Nach Auffassung der Fraktion Die Linke verstößt die Deutsche Bahn AG eindeutig gegen die selbst auferlegten Ethik-Grundsätze", sagt Gysi, "das wurde auch mit der öffentlichen Reaktion auf das Vorhaben, Ronald Pofalla zu einem Mitglied des DB-AG-Vorstands zu befördern, deutlich."
Wie berichtet hat sich die Bahn ethische Unternehmensgrundsätze gegeben. Sie sind Teil der sogenannten Compliance-Strategie des Konzerns. Unter Compliance wird gewöhnlich die Einhaltung von einschlägigen Gesetzen und internen Richtlinien verstanden. Nach eigenen Angaben geht die Deutsche Bahn über seinen ursprünglichen Compliance-Ansatz hinaus, der sich zunächst vor allem auf Korruptionsbekämpfung beschränkte. "Heute versteht sich Compliance als Risikomanagement mit präventivem Fokus. Ziel ist es, als fairer und vertrauenswürdiger Geschäftspartner etwaige Regelverstöße in Deutschland und auf internationalem Terrain bereits im Vorhinein zu verhindern", heißt es auf der Website der Bahn.
"Ethik-Grundsätze der Bahn sind zweifellos ein guter Ansatz, auch wenn es in diesem Bereich, wie gerade der Fall Pofalla zeigt, immer Grauzonen geben wird", sagt Gregor Gysi und verlangt, dass ethische Unternehmensgrundsätze nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch konsequent Anwendung finden. Genau dies will die Kontext-Petition auch.
Die Petition läuft noch etwa acht Wochen. <link https: www.openpetition.de petition statistik _blank>20 000 Mitzeichner sind das Ziel. Je mehr Menschen unterzeichnen, umso größer der öffentliche Druck. Gregor Gysi wird nicht zu den Mitpetenten gehören. "Petitionen sollten grundsätzlich nicht von Politikerinnen und Politikern, sondern von anderen Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet werden", teilte Gregor Gysi auf Kontext-Anfrage mit.
Gysi verweist auf einen aktuellen Antrag der Linken im Bundestag. Er fordert dazu auf, "aus dem Fall Pofalla die Lehren (zu) ziehen". "In diesem Antrag wenden wir uns nicht nur gegen die 'Beförderung' des MdB und Ex-Kanzleramtsministers Roland Pofalla zum Bahnvorstand. Wir fordern auch eine grundsätzliche Neubesetzung des Aufsichtsrats der DB AG und eine Debatte darüber, inwieweit die Unternehmensform einer Aktiengesellschaft geeignet für eine Bahngesellschaft ist, die vor allem der öffentlichen Daseinsvorsorge dient", so Gysi gegenüber Kontext.
Ob die Causa Pofalla während der Sitzung des Bahn-Aufsichtsrats Ende März abschließend entschieden wird, bleibt weiter unklar. Auf Anfragen dazu gab sich die Bahn zuletzt zugeknöpft. Man kommentiere Personalspekulationen grundsätzlich nicht, teilte das Unternehmen kürzlich auf Kontext-Anfrage mit. "Fakt ist: Der Bereich 'Wirtschaft, Politik und Regulierung' der DB muss neu aufgestellt werden, da die derzeitigen Leiter altersbedingt ausscheiden werden", kündigte ein Sprecher an, dass Bahnchef Rüdiger Grube dem Aufsichtsrat ein Konzept für die Neuausrichtung dieses Bereichs vorlegen werde.
Der Noch-Bundestagsabgeordnete Pofalla selbst ist auf politischer Bühne inzwischen weitgehend abgetaucht. Auf seiner Homepage datiert der letzte aktuelle Eintrag vom 13. Februar diesen Jahres. Pofalla berichtet darin über den Besuch einer Schülergruppe aus seinem Wahlkreis Kleve. Die Neuntklässler diskutierten mit Pofalla nicht über seinen möglichen Wechsel zur Deutschen Bahn. In den Gesprächen standen der demografische Wandel und das Rentenpaket der Bundesregierung im Mittelpunkt. "Die gesetzliche Rentenversicherung ist nach wie vor die wichtigste Säule der Alterssicherung. Das Vertrauen in die Rente ist auf Dauer nur gesichert, wenn es bei der Rente für alle Generationen verlässlich und gerecht zugeht", erklärte Ronald Pofalla.
Zuletzt machte sich der Ex-Kanzleramtsminister auch im Bundestag rar. Bei der jüngsten namentlichen Abstimmung schwänzte der Rechtsanwalt, Diplomsozialpädagoge (FH), Chef des Bundeskanzleramts und Bundesminister für besondere Aufgaben a. D. die Sitzung – und beteiligte sich nicht an einem durchaus epochemachenden Votum des Parlaments: Es ging um die Erweiterung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung, die mit nur drei Gegenstimmen beschlossen wurde.
<link https: www.openpetition.de petition online prellbock-fuer-pofalla-co-deutsche-bahn-ag-nicht-laenger-verschiebebahnhof-fuer-politiker _blank>Zur Kontext-Petition auf Openpetition.de hier.
2 Kommentare verfügbar
Andi
am 01.03.2014Mir persönlich gehen Konzern bzw. Unternehmens eigene Ethik-Grundsätze nicht weit genug bzw. sind nicht ausreichend wenn sie ohne weitere Konsequenzen nicht eingehalten werden können.
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