"Lang andauernde Entwicklungen, die einen in mehrfacher Hinsicht schließlich doch aus der Bahn werfen", so begann Ferdinand Rohrhirsch im Juli 2016 bei seinem letzten öffentlichen Auftritt zum Thema, der Präsentation des Konzepts "Umstieg 21", seine Rede mit einem minutenlangen, verästelten Satz. Um schließlich zu erklären, "warum ich heute, die heute präsentierten Verbesserungen zu S 21, die unter der Chiffre 'Umstieg' vorgestellt werden, nicht nur für wünschenswert, sondern für geradezu unverzichtbar halte."
Aus der Bahn werfen: Rohrhirsch hat seine Worte mit Bedacht gewählt. Wenn er von Herkunft oder Ankunft sprach, konnte man vor dem inneren Auge immer einen Zug in den Bahnhof einfahren sehen. "Umsteigen bedeutet ja nie, eine begonnene Reise abzubrechen oder zurückzufahren", leitete er zum Konzept "Umstieg 21" über, "Umsteigen heißt, auf dem Weg zu bleiben, um, trotz verbohrter Wege dennoch das ursprünglich anvisierte Ziel zu erreichen."
Entwicklungen, die "das eigene Selbstverständnis nicht nur in Frage stellen, sondern erschüttern", so Rohrhirsch weiter, würden rückblickend häufig mit einem bestimmten Ereignis in Verbindung gebracht. Dieses Ereignis war in seinem Fall eine Aussage des Verkehrswissenschaftlers Ulrich Martin von der Universität Stuttgart: "Der heutige Stuttgarter Hauptbahnhof entspricht 16 nebeneinander liegenden Sackgassen", hatte Martin in einem Interview gesagt. "Wenn ein Zug diagonal ausfährt, versperrt dieser eine Zug alle anderen Ein- und Ausfahrten."
Rohrhirschs Credo: "Ohne Ethik keine Wissenschaft"
Andere hätten an dieser Stelle Lügenpack gebrüllt. Rohrhirsch drückte sich gewählter aus: "Ich empfand und empfinde diesen Satz in mehrfacher Weise als ungeheuerlich, und noch immer schaue ich nach, wenn ich ihn anführe, ob ich mich nicht doch vielleicht verlesen habe." Der verzweifelte Wunsch, Martin möge nach anerkannten Regeln der Wissenschaft redlich geurteilt und diesen Satz nicht ausgesprochen haben, steht ihm ins Gesicht geschrieben. Doch es hilft alles nichts: Der Satz "steht doch immer so da."
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Andromeda Müller
am 07.04.2018https://www.youtube.com/watch?v=atLkxpkvINk