Das ist schon starker Tobak, aber es kommt noch härter. Ein Anschlag sei "sehr leicht auszuführen", sagt Harting, das sei "alles anscheinend möglich und verängstigt mich enorm."
Einen Anschlag auf einen Athleten? Wo gibt es das denn? Doch nicht im Sport! Der Präsident des Deutschen Leichtathletikverbands (DLV), Clemens Prokop, war zu meiner Zeit eine Art Staatsanwalt des Sports und betonte immer, dass es solche kriminellen Energien im Sport nicht gäbe und ein Anschlag deshalb schlichtweg Unsinn sei. Mit solchen "Ausreden" wäre das ganze Antidopingsystem nicht nur gefährdet, sondern gescheitert. Weg, dahingerafft, wegen eines Anschlages, den es allein deshalb nicht geben darf.
Der Sport ist vor allem von einem Tatbestand bedroht: der Korruption
Der Grund für das Scheitern des Antidopingkampfs ist freilich ein ganz anderer. Ganz und gar gescheitert sind die Funktionäre nicht wegen eines Regelverstoßes eines Athleten, sondern wegen eines Tatbestands, der den Sport viel stärker bedroht: der Korruption.
Und damit will ich die Frage der FAZ, ob der Aktionismus der nationalen und internationalen Anti-Doping-Agenturen, der Verbände und der Sportgerichte noch einen Sinn hat, mit einem klaren Nein beantworten.
Bitte nicht falsch verstehen: Mitnichten rede ich der Dopingfreigabe das Wort. Doping zerstört den Sport in seinen Fundamenten. Dieser Meinung war ich immer und werde es bleiben. Mein Nein bezieht sich auf die Umsetzung des Antidopingkampfs. Oder sollte ich nach den Enthüllungen durch die ARD fragen: die Nicht-Umsetzung? Hier wird uns eine Show vorgeführt, hier werden uns Illusionen gemacht über einen Kampf, der so lückenhaft, so uneffektiv, so undurchsichtig, so korrupt ist, dass er nichts anderes ist als eine – lassen Sie es mich in den Worten von Harting deutlich sagen – Verarschung sauberer Athleten. Am Ende trifft es einzig und allein die Athleten. Kein Trainer, kein Arzt und kein Sportfunktionär muss sich vor einer Strafe fürchten.
Hilfe und Unterstützung gibt es für die Athleten nicht. Stattdessen müssen sie eine Vereinbarung unterschreiben, in der sie so ziemlich alle Persönlichkeitsrechte abgeben. Zugleich haben sie in Streitfällen vor den Gerichten des Sports zu erscheinen, die wiederum von dessen Funktionären oder verbandsnahen Juristen besetzt sind. Der Gang zu einem ordentlichen Gericht ist ihnen verwehrt – zumindest bis der Fall Claudia Pechstein entschieden ist. Die Eisschnellläuferin hat jüngst einen wichtigen Etappensieg errungen, nachdem das Oberlandesgericht München befunden hat, dass solche Zwangsvereinbarungen rechtlich keinen Bestand haben. Das kann also spannend werden, weil im neuen deutschen Antidopinggesetz vom November 2014 exakt ein solcher Passus steht, der die Athleten vor Schiedsgerichte des Sports zwingt. Wer nicht unterschreibt, kann an Wettkämpfen nicht teilnehmen.
"Wir wollen mit diesem Gesetz die Schiedsgerichtsbarkeit des Sports erstmals auch rechtlich absichern", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und fügte an: "Ich hoffe, dass die Bestimmung über die Absicherung der Sportgerichtsbarkeit vielleicht auch eine Art Vorwirkung in einem aktuellen Verfahren entfalten könnte." Damit meinte er das anhängige Pechstein-Verfahren, das jetzt zu Ungunsten des Sports beziehungsweise zu Ungunsten des Innenministers ausging.
3 Kommentare verfügbar
Peter S.
am 06.02.2015Und da ich, wie im lesenswerten Artikel von Josef-Otto Freudenreich steht, auch glaube, dass Herr Baumann weder ein Idiot noch schizophren ist, glaube ich das sogar ganz fest.
Den weniger Gläubigen rate ich sich die 100.000 Mark zu…